1.4   Die bestehende Geldordnung ist Krisenmotor und Schuldenfalle

Das erläuterte prozyklisch überschießende Mehr- und Minderangebot an Giralgeld bewirkt, dass normale Konjunktur- und Börsenzyklen in Extreme getrieben werden, die sie sonst nicht erreichen würden. Es handelt sich hierbei nicht nur um Zyklen der Geldmengenexpansion, sondern zugleich um Zyklen der disproportionalen Expansion von Finanzaktiva und spiegelbildlich der expansiven Verschuldung. Das
über­schießende Geldangebot besteht auf der Passivseite in der überschießenden Ausweitung eines entsprechenden Schuldenberges. Was sich aktiva-seitig als Kredit- und Wertpapierwirtschaft darstellt, zeigt sich passiva-seitig im gleichen Ausmaß als Schuldenwirtschaft.

Jeder Zyklus mündet früher oder später in Überinvestition, verstanden als abnehmender bis ausbleibender Ertrag, also zunehmend unerfüllte Erwartungen an den Return on Investment. Dann kehrt sich der Zyklus um. Die kreditfinanzierten, verschuldeten Anleger und Investoren verlieren zunehmend Erträge und Kapitalvermögen (Aktiva), bleiben aber in voller Höhe auf ihren Schulden (Passiva) sitzen: Die bilanzielle Schieflage tritt ein. Die Verschuldung erweist sich dann vielfach als Überschuldung und die Betreffenden sitzen in der Schuldenfalle. Mindereinnahmen, Verluste, Zahlungsunfähigkeit und Konkurse treten ein. Je extremer die vorausgegangene Übertreibung, desto niederschmetternder der nachfolgende Zusammenbruch. Die Krisenfolgen treffen nicht nur die Verursacher, sondern weite Kreise darüber hinaus – den Bankensektor insgesamt, die Wirtschaft im allgemeinen, private und öffentliche Haushalte.

Die aktuelle Banken- und Staatsschuldenkrise ist kein isoliertes Ereignis, sondern steht in einer fortgesetzten langen Kette solcher Krisen. Nach statistischen Untersuchungen  von Mitarbeitern des IWF ereigneten sich von 1970 bis 2007 zahlreiche und schwerer gewordene Krisen auf wandernden Hot Spots weltweit:
      145   sektorale Bankenkrisen
     208   Währungskrisen                                               
       72   Staatsschuldenkrisen
zs. 425   systemische Finanzkrisen.

Wer meint, hohe Finanzrisiken eingehen zu sollen, mag es tun – aber das Risiko auch tragen und es nicht auf andere abwälzen. Es ist illegitim und inakzeptabel, wenn durch hoch riskante Geldgeschäfte die Existenz anderer in Mitleidenschaft gezogen wird und wenn im Falle von schweren Finanzmarkt- und Bankenkrisen die Allgemeinheit auf geradezu erpresserische Weise in Kollektivhaftung genommen wird und den Schaden zu tragen hat.