Geldsystemanalyse

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Jean-Marc Decressonnière, Mitglied der Geschäftsleitung der Freien Gemeinschaftsbank Basel erläutert in drei kurzen Beiträgen der Kundenzeitschrift der Bank genau und verständlich wie Banken Giralgeld schöpfen, wie sich das Giralgeld der Banken und das Zentralbankgeld hierbei zueinander verhalten, welche Funktion Bankeinlagen haben, und wie Giralgeld schließlich wieder gelöscht wird.  
 Geldschöpfung aus dem Nichts?  transparenz, Nr.72, Aug 2016, 6-10. 
Banken als Organe der Geldschöpfung und Geldvernichtung, transparenz, Nr.73, März 2017, 15-19.  
Bedingungen und Grenzen der Geldschöpfung durch die Geschäftsbanken, transparenz, Nr.74, Sep 2017, 9-14. 

Die Bundesbank hat ihre Geldsystemtheorie auf Vordermann gebracht: wie die Giralgeldschöpfung der Banken vonstattengeht  

Die Bundesbank hat einen längst fälligen Schritt getan. In einem Beitrag im Monatsbericht April 2017 wird zusammenhängend und zutreffend erläutert, wie die Banken pro-aktiv Giralgeld schöpfen (Guthaben auf Girokonten) und wie die Zentralbank bei Bedarf diese Guthaben nachträglich refinanziert.

Gleichwohl bleiben einige wichtige Aspekte in diesem Artikel ausgeblendet, darunter die Bruchteiligkeit (Fraktionalität) der noch nötigen Banken-Refinanzierung. Ebenso hält der Artikel an der Fiktion einer wirksamen Basiszinspolitik fest, was zu den Feststellungen des Artikels freilich nicht mehr so recht passen will.
Ungeachtet dessen stellt die Publikation der Bundesbank einen willkommenen Beitrag dar, um die diesbezüglich gänzlich verstaubten orthodoxen Lehrtexte ein Stück weit auf die Höhe der Zeit zu bringen.

Hier der Bundesbankartikel als PDF >  Die Rolle von Banken, Nichtbanken und Zentralbank im Geldschöpfungsprozess in Bundesbank Monatsberichte, 69. Jg, Nr. 4, April 2017, 15-33.    
Hier als PDF ein kurzer > Kritischer Kommentar zu diesem Artikel.   

Die Bank von England hatte zuvor schon Klartext geredet:

Zum ersten Mal seit Jahrzehnten hat eine Zentralbank - die Bank of England (BoE) - in einem offiziellen Dokument 2014 erklärt,
- dass Banken pro-aktiv Giralgeld erzeugen ungeachtet ihrer Zentralbank-Reserven
- dass Banken dazu keine Einlagen benötigen und sie diese auch nicht verwenden können
- dass die Zentralbanken die Geldmenge nicht kontrollieren. Dazu oben ein Video der BoE.

Ein Artikel im Quarterly Bulletin der BoE, 2014 Q1, behandelt das selbe Thema > Money Creation in the Modern Economy.
David Graeber kommentiert den BoE-Artikel im Guardian, 18 March 2014,
The truth is out >
Das BoE Papier ist ein Schritt in die richtige Richtung. Dennoch lässt die BoE einige wichtige Aspekte der Giralgeldschöpfung und Geldpolitik immer noch außen vor:
- das (fraktionale) Zusammenspiel von Reserven und Giralgeld wird nicht erklärt
- die Erzeugung von Giralgeld beim Erwerb von Wertpapieren und Immobilien durch Banken bleibt unerwähnt
- jegliche Geldnachfrage wird unhinterfragt hingenommen, egal wie hoch und ungeachtet dessen, ob das Geld in realwirtschaftliche oder rein finanzwirtschaftliche Zwecke fließt
- die Zinspolitik der Zentralbanken (Leitzinspolitik) wird als wirksames Instrument der Inflationskontrolle hingestellt (was fraglich ist)
- Asset Inflation (Mengen- und Preisblasen von Finanzanlagen) werden nicht als Gegenstand der Geldpolitik anerkannt.

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Inzwischen ist auch die Weltbank auf Linie gekommen:

Biagio Bossone / Massimo Costa: The ‘accountancy view’ of money, The World Bank online, 21 May 2018.

Was man seit über 100 Jahren weiss und doch bis heute gern ignoriert:

”Jeder Kredit oder Kauf einer Bank erzeugt Giralgeld, und jede Kredittilgung oder Verkauf einer Bank löscht solches Giralgeld.”
Reginald McKenna, Former British Chancellor of the Exchequer and Chairman of the Midland Bank, 1924. 

"Mit dem bestehenden Kreditgeldsystem ist das so: Wenn niemand Schulden machen würde, gäbe es überhaupt kein Geld."
Marriner S. Eccles, Ehemaliger Vorsitzender der Federal Reserve.

"Es ist eine naive Annahme, Banken würden erst dann Kredit vergeben, nachdem die Zentralbank den Banken Reserven bereit gestellt hat. In Wirklichkeit vergeben die Banken Kredit, schaffen damit Giralgeld, und kümmern sich um die Reserven erst später.'
Alan Holmes, Vice President New York Federal Reserve, 1969. 

Die meisten Menschen wissen nicht, dass die Banken ihr eigenes Geld in Umlauf bringen, und dass dieses Giralgeld je nach Land 85-97% des gesamten Geldes ausmacht. Die Mehrheit befragter Personen in 20 Nationen hat stattdessen eine klare Präferenz für staatliches Geld bzw Zentralbankgeld. Das ergab eine repräsentative  > Internationale Umfrage der Organisationen Motivaction und Sustainable Finance Lab, Universität Utrecht. 

Nach Marshall McLuhan ist die Geldschöpfung der Banken ein Geheimnis, das nicht geschützt werden braucht, da es durch Ungläubigkeit geheim gehalten wird.
Siehe nachstehenden Befund:

Widersprüchliche Volksabstimmung
Bei der Volksabstimmung zur Einführung von Vollgeld in der Schweiz im Juni 2018 stimmten 75% mit Nein und 25% mit Ja. Bei einer < Nachbefragung > sagten dagegen 80%, sie würden eine Geldschöpfung durch die Schweizerische Nationalbank befürworten. Es stellte sich heraus, dass 60% der Befragten irrtümlich annahmen, dem sei heute schon so, obwohl in Wirklichkeit 90% und mehr des Geldes privat von den Banken geschaffen wird (Giralgeld).

Präsentation zum Thema Geldsystemanalyse im Rahmen der Vorlesungsreihe "Nachhaltige Entwicklung".

Der Pakt des Faust mit Mephisto hat bei Goethe viel mit Papier- bzw Giralgeldschöpfung 'aus dem Nichts' zu tun. E. Gamm hat dazu einen fröhlichen Sketch geschrieben:
" ... Drum hab' ich mich der Magie ergeben, ob mir durch Geistes Kraft und Mund des Geldes Rätsel würde kund. Dass ich erkenne, wie das Geld in Knechtschaft führt die ganze Welt. ..." Weiterlesen >