Plädoyer für Vollgeld.
Warum es auf die Tagesordnung gehört

Vollgeld und Giralgeld. Die monetären Prärogativen

Vollgeld ist bestandsicheres und unbeschränktes gesetzliches Zahlungsmittel. Es wird von einem öffentlichen Organ herausgegeben, in Europa den nationalen Zentralbanken bzw der EZB. Vollgeld besteht heute in der Publikums-Zirkulation (unter Nichtbanken, also privaten Haushalten, Firmen und öffentlichen Haushalten) in Form von Regierungs-Münzen und Zentralbank-Noten. In der Interbanken-Zirkulation besteht Vollgeld in Form von Reserven, d.h. Guthaben von Banken (und Staatskassen) auf Zentralbank-Konten. Das Gegenstück zu Vollgeld ist Bankengeld in Form des Giralgeldes, d.h. Guthaben auf Girokonten, die dem bargeldlosen Zahlungsverkehr dienen.

Je nach Land und betrachteter Statistik bildet das Giralgeld mit 82–97 Prozent heute den Löwenanteil der Publikums-Geldmenge. In Anbetracht der vorläufig noch vorhandenen 3–18 Prozent Bargeld handelt es sich insoweit um eine gemischte Geldmenge. Wie gleich noch erläutert, wird seine Existenz jedoch längst zu 100% durch die pro-aktive Kredit- und Giralgeldschöpfung der Banken bestimmt.

Ein Vollgeldsystem entsteht, wenn das hergebrachte Regierungs-Monopol auf Münzen und das seit 100-170 Jahren bestehende Zentralbank-Monopol auf Banknoten vervollständigt wird um Buchgeld (Kontogeld, das heutige Giralgeld) und E-Geld (auf mobilen Trägern), und im Gegenzug das Giralgeld der Banken ausgeschleust wird. Die monetären Aggregate M0 und M1 würden nicht mehr existieren, nur noch eine integrierte Geldmenge M, die in nur einem Geldkreislauf unter Banken und im Publikum in gleicher Weise zirkuliert. Die heutigen Guthaben in M2–M3 (Spar- und Terminguthaben, Sparbriefe u.a.) wären reguläre Kunden-Darlehen an Banken. Die betreffende Banken-Statistik würde keine Geldmenge mehr darstellen, sondern Kurzfrist-Kapital.

Staatsrechtlich gesehen gehört Geld zu den hoheitlichen Prärogativen. Diese sind für die Souveränität eines Staates, oder eines Staatenverbundes, von vergleichbar konstitutioneller Bedeutung wie Gesetzgebung, öffentliche Verwaltung, Justiz-, Steuer- und Gewaltmonopol. Die vollständige monetäre Prärogative, ein modernes Geldregal, besteht aus drei Komponenten:

1.  die Währungshoheit in Form der Bestimmung der Währung i.S. der monetären Wertzumessungs- und Recheneinheit des Hoheitsgebiets
2.  die Geldhoheit in Form der Schöpfung und Ausgabe der Zahlungsmittel in der betreffenden Währung in jeder baren und unbaren Form (Kontogeld, E-Geld, Geldscheine, Münzen)    
3.  das Vorrecht auf den Geldschöpfungsgewinn, die sog. Seigniorage, im Zuge der Erstverwendung neu geschöpften Geldes.

Vollgeld wird öfters mit chartalem Geld i.S. der staatlichen Theorie des Geldes nach G. Fr. Knapp (1905) gleichgesetzt. In gewisser Weise ist das zutreffend. Es erzeugt aber auch Missverständnisse insofern schon Knapp und danach u.a. Keynes und die heutige amerikanische Modern Money Theory (MMT) sich überwiegend auf ein gemischtes Geldsystem mit gesplittetem Geldkreislauf beziehen.[1] Daraus ergibt sich ein Verständnis von chartalem Geld, das nur die Komponente 1 (Währungshoheit) vollständig enthält, während die Komponenten 2 und 3 (Geldhoheit und Seigniorage) nur zum Teil oder, wie bei der MMT,  in irreführender Weise enthalten sind. Bis heute geht man in Wissenschaft und Politik meist davon aus, die Zentralbanken hätten die  Giralgeldschöpfung der Banken unter Kontrolle. Aber unter den Bedingungen des heutigen Giralgeldregimes (fraktionales Reservebanking) sind sowohl die aktuelle Leitzinspolitik ebenso wie die vorangegangene Geldmengenpolitik der Zentralbanken an dieser Aufgabe gescheitert.

Wissenschaftlich-politisch knüpft der Vollgeldansatz am ehesten an die historische > Currency-Schule der ersten Hälfte des 19 Jhds an.[2] Dieser stehen seither > Banking-Lehren gegenüber.2 Kernpunkt jeder Currencylehre ist die Kontrolle über die Geldmenge durch eine Trennung von Geldschöpfung und Bankenkredit, oder anders gesagt, durch eine Trennung von monetären Funktionen (Zentralbank) und finanzwirtschaftlichen Funktionen (Banken, andere Finanzakteure und Finanzmärkte). In einem Vollgeldsystem können Banken freie marktwirtschaftliche Unternehmen sein, die im Kredit- und Investment-Banking als Geld-Intermediäre tätig sind. Sie besitzen jedoch nicht mehr das illegitime und disfunktionale private Privileg, selbst das Geld zu erzeugen, auf dessen Grundlage sie tätig sind.

Die historische Currency-Schule schuf ein Bewusstsein dafür, dass modernes, frei schöpfbares Zeichengeld einen geldpolitischen Knappheitsanker braucht. Auf der Grundlage der Quantitätstheorie des Geldes gaben sie insoweit die richtige Antwort auf die Problematik von Inflation, Asset Inflation, Blasenbildung und wiederkehrenden Krisen. Sie verkannten jedoch das komplementäre Deflationsproblem und trugen maßgeblich dazu bei, ab den 1830–40er Jahren ausgehend von England den Goldstandard einzuführen, worin man damals den gesuchten Knappheitsanker sah.

Im Rückblick erscheint der Goldstandard als ein von Beginn an verfehltes Konzept. Er bezog sich nur auf Banknoten und man versäumte es, Giroguthaben im bargeldlosen Zahlungsverkehr einzubeziehen. Das Verhältnis zwischen Banknoten und erforderlicher Golddeckung wurde zeitweise gelockert oder vorübergehend suspendiert, sodass auch von daher die beabsichtigte Wirkung verfehlt wurde. Soweit man den Goldstandard aufrecht erhielt, induzierte er zyklisch Deflation, Stagnation, Arbeitslosigkeit und Armut. Im Gegensatz dazu wird modernes, frei schöpfbares Vollgeld an einen ökonomisch adaptiven Knappheitsanker gebunden, nämlich an das reale Wachstumspotenzial der Wirtschaft bei näherungsweiser Vollauslastung der Kapazitäten.

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Das bestehende Geldsystem wird vom Giralgeld der Banken bestimmt

Manches bisher Gesagte irritiert vielleicht. Beruht das bestehende zweistufige Bankensystem denn nicht auf dem Vollgeld der Zentralbank, und hat diese durch die von ihr verlangten Mindestreserven und Zinsen die Giralgelderzeugung der Banken nicht unter Kontrolle? Nein, keineswegs. Das bestehende System kommt dem Banking-Konzept eines sog. Free Banking schon sehr nahe, also einem System mit ausschließlich von Banken nach deren Geschäftsinteressen erzeugtem Geld. Bezüglich der Geldschöpfung sind Zentralbanken schon lange nicht mehr, wofür die meisten ökonomischen Lehrmeinungen sie immer noch halten.

Gesetzliche Zahlungsmittel spielen im heutigen Giralgeldregime auf der Grundlage von nur bruchteiligen (fraktionalen) Reserven keine bestimmende Rolle mehr. Das moderne Geldsystem beruht auf unbarem Kontogeld und bargeldlosem Zahlungsverkehr. Das unbare Geld (Bankeinlagen/Depositen) entsteht an seinem Ursprung nicht, indem Bargeld eingelegt (deponiert) wird, sondern durch die primäre Kreditierung von Kundenkonten in Form einer Gutschrift, eines Guthaben-Eintrags. Die Banken nehmen diese Einträge pro-aktiv und zunächst ohne Berücksichtigung ihrer Reserven- und Bargeldbestände vor. Bargeld kommt erst dadurch in Umlauf, dass Kunden ihre Guthaben, die durch Kredit oder Verkauf von etwas an Banken entstanden sind, bar auswechseln (wobei andere Geldbenutzer das Bargeld bald wieder gegen eine Kontogutschrift einwechseln).

Indem Banken Darlehen vergeben, Überziehungskredit einräumen, Wertpapiere und bilanzierbare Sachwerte kaufen, und sie diese mit ihrem eigenen Giralgeld bezahlen, erzeugen sie pro-aktiv die gesamte existierende Geldmenge und vor-bestimmen damit auch die nachträglich erfolgende Erzeugung von Bargeld und Reserven, soweit diese residual bzw fraktional noch benötigt werden. Die Zentralbanken re-finanzieren stets die monetären Tatsachen, welche die Banken vorausgehend schaffen. Würden die Zentralbanken unter den heutigen Bedingungen dies nicht tun, käme der Zahlungsverkehr, und damit die Wirtschaft, ins Stocken. Darin liegt auch der Hauptgrund dafür, dass systemisch relevante Banken in Schieflage faktisch eine staatliche Bestandsgarantie besitzen (mit kontraproduktiven Folgen für ihr Geschäftsgebaren).

Um einen Giralgeldbestand und den damit verbundenen Zahlungsverkehr in Höhe von 100 Euro aufrecht zu erhalten, benötigen die Banken im Euroraum durchschnittlich etwa 3% Zentralbankgeld, davon gegenwärtig 1% für die (brach liegende) Mindestreserve,  1,4% Bargeld für den Geldautomaten und 0,1–0,6% Überschussreserven für die abschließende Begleichung von bargeldlosen Zahlungen.[3] In den USA dürfte der Bedarf an fraktionaler Re-Finanzierung leicht über den dortigen 10% Mindestreserve liegen, auf welche das vorgehaltene Bargeld anrechenbar ist.

Die Refinanzierungskosten für Bargeld und unbare Einlagen sind verschieden. Da abfließende und zufließende Giralgelder einander ungefähr ausgleichen, pflegen die sich ergebenden Endsaldi relativ klein zu sein. Eben deshalb brauchen Giro- und Spareinlagen nur zum Bruchteil (fraktional) re-finanziert zu werden. Bargeld und Reserven dagegen müssen zu 100% finanziert werden. In Maße wie der technische Fortschritt, die Finanzämter und die Bankenindustrie das Bargeld nach und nach abschaffen, werden sich die Banken auch der 100% Finanzierungskosten für das Bargeld entledigt haben. Das moderne Bargeld in Form von elektronischem Geld auf mobilen Geldspeichern (E-Geld) käme dann ebenfalls allein von den Banken, nicht von der Regierung oder der Zentralbank.

Was also ist im Giralgeldregime aus dem staatlichen Geldregal geworden? Geblieben ist faktisch nur die Währungshoheit – das Rechnen in Euro, Dollar, Yen, Yuan usw (monetäre Prärogative Nr.1). Sollten die Regierungen und Zentralbanken der Ausbreitung von kommerziellen Privatwährungen wie Bitcoin & Co weiterhin tatenlos zusehen, werden sie möglichweise auch ihre Währungshoheit noch verlieren. Die Geldhoheit (Nr.2) liegt wie erläutert bereits fast vollständig bei den Banken. Was die Seigniorage angeht (Nr.3), so entsteht diese als originäre Seigniorage aus dem Münzregal und als Zins-Seigniorage aus der residualen Refinanzierung der Banken und der Bewirtschaftung der nationalen Devisenreserven. Der Münzgewinn spielt ohnedies kaum noch eine Rolle. Aber auch der Rest ist gering im Vergleich zu den großen geldwerten Vorteilen der Banken als primären Erzeugern und Erstverwendern des Geldes. Sie müssen ihre Geschäfte nur zu 3% oder 10% refinanzieren, während sich alle anderen Wirtschaftsteilnehmer, einschließlich der öffentlichen Haushalte, zu 100% finanzieren müssen - und zwar primär bei den Banken, oder am Sekundärmarkt. Der Bankensektor hat die Geldhoheit und das Privileg der Seigniorage de facto weitgehend gekapert.

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Probleme des Giralgeldregimes

Im bestehenden Geldsystem wird nicht einmal mehr versucht, die Geldmenge unter Kontrolle zu bekommen. Die Giralgeldschöpfung der Banken befindet sich buchstäblich außer Kontrolle. Im Ergebnis der zurückliegenden Jahrzehnte sind die Geldmengenzuwächse über das Wachstum der Produktivität und der Realeinkommen erheblich hinausgeschossen. Das bedeutet Inflation. Noch stärker sind die Geldmengenzuwächse um ein Mehrfaches auch über das nominale BIP-Wachstum hinausgeschossen. Das bedeutet Asset Inflation. Die Verbraucherpreis-Inflation war besonders stark bis Anfang der 1980er, seither ist die Asset Inflation im Vordergrund gestanden. Asset Inflation beinhaltet die Entstehung von primären und sekundären Kredit- und Schuldenblasen. Konjunktur- und Finanzmarktzyklen werden damit in Überinvestment- und Überschuldungs-Extreme getrieben, was sich in Banken-, Währungs- und Schuldenkrisen auf wandernden Hot Spots rund um den Globus entlädt.

Solche Krisen haben nach Zahl und Schweregrad seit den 1970ern zugenommen, mit negativen Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft der betroffenen Nationen oder Weltregionen.[4] In solchen Zeiten erweist sich das Giralgeld der Banken als unsicheres Geld, das durch Einlagenfonds nicht gesichert werden kann. Zugleich sehen sich die Regierungen gezwungen, Banken und andere Finanzinstitute in Schieflage auf Kosten ihrer eigentlichen Aufgaben retten zu müssen. Darüber hinaus erzeugt der fortgesetzte BIP-überproportionale Aufbau von verzinslichen Geld- und Finanzvermögen eine Verteilungstendenz zugunsten der Kapitaleinkommen zulasten der Arbeitseinkommen.

Anhänger von Banking-Lehren beharren darauf, Geld- und Kapitalmärkte könnten nicht versagen, wenn man sie nur ungestört lasse. Wenn sie doch versagen, so seien störende Interventionen der Regierung und der Zentralbank daran schuld. Man weigert sich von daher, eine monetäre Verursachung von Banken- und Finanzmarktproblemen auch nur in Betracht zu ziehen. Historisch wurde die 'Marktunfehlbarkeits'-Doktrin der Banking-Lehre in unterschiedlichen Varianten vorgebracht, angefangen von der Real Bills Doktrin und der Reflux-Theorie des frühen 19 Jhds bis zur jüngsten Effizienzmarkt-Hypothese. Für diesen säkularisierten Glauben an eine göttliche harmonia mundi hat es zuletzt auch noch den Nobelpreis gegeben. Aber Fakt ist, dass die Geld- und Kapitalmärkte, weit davon entfernt irgendein selbstbegrenzendes 'Gleichgewicht' zu finden, immer wieder weit über das reale und nominale BIP-Wachstum hinausschießen. Das liegt daran, dass Märkte nicht nur Schwarmintelligenz besitzen, sondern auch Schwarmdummheit, und diese gefährlich wird in Kombination mit der Tatsache, dass modernes Geld keinen natürlichen Knappheitsanker kennt. Wenn man privat das hoheitliche Privileg ausüben kann, jederzeit zusätzliches Geld zu erzeugen, dazu den Vorteil genießt, dieses Geld hier und jetzt als Erster zu benutzen, und man davon ausgehen kann, dass erwartbare Nachteile (Inflation, Asset Inflation und Krisen) zu einem späteren Zeitpunkt nicht nur einen selbst, sondern auch alle anderen treffen werden, dann ist das daraus folgende Verhalten – oft gegen bessere Einsicht – klar vorgezeichnet. 

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Übergang von Giralgeld zu Vollgeld

Um die Kontrolle über die Geldmenge zu erlangen, würde in einer Vollgeldordnung mit dem Giralgeld der Banken heute das gleiche getan wie mit den privaten Banknoten im 19 Jhd. Diese wurden ausgeschleust und durch Zentralbanknoten ersetzt. Heute geht es in analoger Weise darum, die Giralgeldschöpfung der Banken zu beenden und das bisherige Giralgeld durch Zentralbank-Buchgeld zu ersetzen, als Kontogeld ebenso wie als E-Geld. Damit wird auch das unbare Geld im Publikumsverkehr zu Vollgeld, so wie bisher schon das Bargeld und die Reserven im Interbankenkreislauf. Die Zentralbank erhält hierbei ein vollständiges Geldregal, das Münzen, Banknoten, Kontogeld und E-Geld beinhaltet.

Der Übergang von Giralgeld zu Vollgeld mit vervollständigtem Geldmonopol der Zentralbank und einem integrierten Geldkreislauf bedeutet keine Verstaatlichung der Banken. Es bedeutet die Wiederherstellung einer staatlichen Geldordnung und Geldschöpfung, wobei die Banken freie finanzwirtschaftliche Unternehmen bleiben sollen, jedoch ohne die monetären Prärogativen, die ihnen heute infolge des bargeldlosen Zahlungsverkehrs zugefallen sind. Die Seigniorage aus der Geldschöpfung würde ungeschmälert dem öffentlichen Haushalt zugute kommen. Dies würde es erlauben, die kontraproduktiv gewordenen Staatsschulden auf ein erheblich niedrigeres Niveau herunter zu führen und die Steuerzahler zu entlasten.        

Der Begriff Seigniorage bezog sich ursprünglich auf den Schlagschatz, d.h. die Differenz zwischen den Herstellungskosten von Münzen und ihrer Kaufkraft. Originäre Seigniorage in diesem Sinn entsteht, wenn neu geschöpftes Geld durch Staatsausgaben schuldenfrei in Umlauf gebracht wird. Heute dagegen wird alles Geld (außer den Münzen) als schuldenbehaftetes Geld per verzinslichem und zu tilgendem Kredit in Umlauf gebracht, vor allem als Banken-Giralgeld im Publikumskreislauf, aber auch als Zentralbank-Reserven im Interbankenkreislauf. Daraus entsteht die heute übliche Zins-Seigniorage.

Unter den Bedingungen des fraktionalen Reservebanking realisieren die Banken Seigniorage-äquivalente Sondergewinne in Form von vermiedenen Finanzierungskosten (3% oder 10% statt 100% eines betreffenden Betrags). Bei starkem Wettbewerb im Kundenkreditgeschäft kommt dieser Vorteil vielleicht ein Stück weit auch den Kunden zugute. Im Investmentbanking dagegen 'konkurrieren' die Banken mit Nichtbanken. Dies belässt den Banken die Finanzierungskostenvorteile in voller Höhe. Man kann darin einen wesentlichen Grund für die hypertrophe Entwicklung des Investment-Banking sehen ( > Glötzl).

In einem Vollgeldsystem soll der langfristige, größere Teil des Geldmengenzuwachses schuldenfrei durch Staatsausgaben in Umlauf kommen. Es wäre auch denkbar, neues Geld als Pro-Kopf-Dividende herauszugeben. Dies bedeutet keine direkte Staatsfinanzierung durch die Zentralbank und keine Verwischung von monetären und fiskalischen Funktionen. An die Staatskasse wird nur überwiesen was die Zentralbank im Rahmen ihres gesetzlichen Mandats aus rein monetären Erwägungen an originärer Seigniorage bereitstellt, nicht anders als sie den sonstigen Zentralbankgewinn an die Staatskasse überweist. Der kurzfristige, kleinere Teil des Geldmengenzuwachses kann wie bisher durch kurz laufenden Zentralbank-Kredit an Banken in Umlauf kommen. Dies, zusammen mit dem Arsenal an Offenmarkt-Instrumenten, gewährleistet eine flexible und situationsgerechte, bei Bedarf auch schnell reagible Geldpolitik.

Im Hinblick auf die technische Seite des Übergangs vom fraktionalen Reservebanking zu einer neuen Geldordnung – betreffend Konten, Bilanzen und Zahlungssystem – gibt es im wesentlichen zwei Ansätze. Der eine besteht im Konzept einer 100%-Reserve aus den 1930er Jahren, auch bekannt als 100%-Geld (Fisher) oder 100%-Banking (Chicago Plan). Dieser Ansatz beinhaltet, die aktuelle 1% oder 10% Mindestreserve anzuheben auf eine 100% Reservendeckung von Giroguthaben, bei manchen Autoren auch von Spar- und Terminguthaben. Der andere, neu entwickelte Ansatz besteht im hier dargelegten Vollgeldkonzept, wie es von den meisten Geldreformern heute international vertreten wird ( > internationalmonetaryreform.org). Ansätze einer 100%-Reserve verbleiben noch im Rahmen des bestehenden gemischten Geldsystems mit gesplittetem Publikums- und Interbankenkreislauf, wobei das Geld weiterhin Eigentum der Banken, nicht der Kunden ist. Ein Vollgeldsystem mit einem integrierten Geldkreislauf stellt dagegen ein Post-Reservesystem dar, in dem die Kunden im sicheren Besitz ihres Geldes sind. Dieses Geld existiert in jeder Banken- und Kundenbilanz ausschließlich als liquides Aktivum und nicht als Verbindlichkeit. (Weiteres zum Thema 100%-Reserve im Vergleich zu Vollgeld findet sich auf > sovereignmoney.eu/100-per-cent-reserve). 

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Warum Vollgeld kein Monetarismus ist

Die Quantitätstheorie des Geldes ist eine der ältesten und bewährtesten ökonomischen Lehren überhaupt. Sie ist heute so grundlegend wie seit jeher und sie beinhaltet, dass der Schlüssel zu sicherem Geld und stabilen Finanzen, zumindest ihre grundlegende Voraussetzung, in der Geldmenge und also auch der geldpolitischen Kontrolle über die Geldmenge liegt. Neben der rechtlichen Weisungsbefugnis bzw Kommandogewalt ist Geld – und zwar nicht nur seine Allokation und Verteilung, sondern zuvor schon seine Schöpfung und Erstverwendung – das bedeutendste Mittel gesellschaftlicher Macht- und Herrschaftsausübung.

Vor diesem Hintergrund verkennen Ökonomen der politischen Linken mit marxistischem oder nachfrage-keynesianischem Hintergrund den Vollgeldansatz als einen neuen 'Monetarismus', wie er speziell mit dem Namen M. Friedman verbunden ist. Friedman hat der Sache der Geldsystemkritik und Geldreform in der Tat einen Bärendienst erwiesen, indem er, erstens, die Quantitätstheorie mit dem unrealistischen Anspruch verband, unter Bedingungen des fraktionalen Reservesystems Geldmengenpolitik betreiben zu können und er, zweitens, eine sehr persönliche Verbindung der Quantitätstheorie mit der einäugigen Supply-Side-Ideologie herstellte, die vor bald einem halben Jahrhundert auch als Reagonomics und Thatcherismus bekannt wurde. Beides – die in einem Giralgeldsystem buchstäblich unmögliche Geldmengenpolitik ebenso wie die vereinseitigte Supply-Side-Ideologie – haben dem Begriff des Monetarismus bleibendenSchaden zugefügt. Es ist deshalb von Seiten einer neuen Currencylehre und Vollgeldreform richtig, den Begriff Monetarismus ebenso zu vermeiden wie irreführende Vergleiche mit dem Goldstandard.

Aber so sehr auch der Friedman'sche Monetarismus der 1960–80er Jahre in eine Ideologie abgerutscht sein mag, so sehr ist doch die Quantitätstheorie des Geldes ein einfacher wahrer Kern, ohne den der Monetarismus kaum Resonanz gefunden hätte. Man darf nicht vergessen, dass dem Monetarismus damals zwei bis drei Jahrzehnte hoher Verbraucherpreis-Inflation vorausgegangen waren. Seit den 1980ern gab es dann weniger Inflation, dafür umso mehr Asset Inflation.

Freilich geht es nicht nur darum, Monetarismus als eine gleichsam einäugige 'Kapital'-Ideologie zu vermeiden, sondern ebenso, sich nicht im 'Arbeits'-ideologischen Pendant eines einäugigen Demand-Side-Keynesianismus zu verfangen (von dem Keynes sich vermutlich distanziert hätte). Systemisch-evolutiv gesehen, bleibt die Kontroverse zwischen einem 'Kapital'-vereinnahmten Angebots-Monetarismus und einem 'Arbeits'-vereinnahmten Nachfrage-Keynesianismus – einer Kontroverse, die auch im Schatten der Systemkonfrontation des Kalten Kriegs stand – ein unzureichend thematisierter Streit um des Kaisers Bart. Damit konnte man parteiische Politik machen, aber Wissenschaft allenfalls als 'halbe Sache' betreiben.

Praktisch alle ökonomischen Theorien, die sich mit Inflation, Asset Inflation, Blasen- und Krisenbildung und ihren negativen Konsequenzen auseinander setzen, fußen auf der Quantitätstheorie des Geldes. Das gilt schließlich auch für Friedman und Keynes. Keynes' Standpunkt bezüglich der Quantitätstheorie war unmissverständlich: 'This theory is fundamental. Its correspondence with facts is not open to question'.[7] Manche derer, die sich auf ihn berufen, haben das wohl überlesen. 

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Die Rolle der Zentralbanken

Was die Zentralbanken angeht, so ist heute offensichtlich, wie sie als Bank der Banken, insbesondere als Reservenleiher letzter Instanz fungieren. Als pro-aktive Geldschöpfer erster Instanz treten sie faktisch nicht mehr auf, und auch Bank des Staates sind sie nicht mehr, selbst wenn sie für die Staatskasse noch Konten führen. Das beinhaltet nicht einmal mehr Kassenkredit (nur der Bank von England wurde in der EU diesbezüglich eine Ausnahme zugestanden). Monetäre Staatsfinanzierung ist durch Art. 123 (1) Lissabon-Vertrag verboten, während dies den Banken, die per Primärkredit und uno actu damit verbundener Giralgeldschöpfung in der Tat monetäre Staatsfinanzierung ausüben, jederzeit in jeder Höhe erlaubt ist – kurzfristig gewiss nicht ohne praktische Restriktionen, gleichwohl unbegrenzt im Zeitverlauf.

Im Unterschied dazu besteht in einer Vollgeldordnung eine klare Funktionenteilung, in der Tat eine Gewaltenteilung: Die monetären Funktionen der Geldschöpfung und Geldpolitik obliegen der Zentralbank, die Finanzierungsfunktionen den Banken und anderen Finanzunternehmen, und die fiskalischen Funktionen Regierung und Parlament. Anders als heute würden Banken keine monetäre Funktion mehr ausüben. Die Zentralbank sollte im Gegenzug davon Abstand nehmen, in Bankengeschäfte und Finanzmärkte zu intervenieren, außer es betrifft übliche Offenmarktgeschäfte.

Die Zentralbanken geben heute nicht mehr vor, die Geldmenge zu kontrollieren. Stattdessen haben sie sich darauf verlegt, auf eine Inflationsrate der Verbraucherpreise abzuzielen (in der Regel 2 Prozent). Diesem Ziel versuchen sie mittels kurzfristiger Leitzinsen und der Beeinflussung der Interbanken-Zinsen näher zu kommen. Viele Ökonomen glauben, dies würde die Kreditvergabe und Giralgeldschöpfung der Banken indirekt beeinflussen. Es gibt jedoch mindestens vier Gründe, weshalb auch dieser Glaube nicht auf festem Grund steht: 

Erstens haben kurzfristige Zentralbank-Zinsen keine Lenkungswirkung auf die Reservennachfrage der Banken, denn diese ist Preis-unelastisch. Die Tatsachen, welche die Banken pro-aktiv geschaffen haben, müssen fraktional re-finanziert werden, egal wieviel es kostet. Längerfristig mag von Leitzinsen hier eine Rückwirkung ausgehen, aber es ist unklar in welchem Maß, denn, zweitens, wie sollte eine Refinanzierungsrate von 3% oder 10% eine maßgebliche Transmissionswirkung auf 100% ausüben? Drittens tragen höhere/geringere Leitzinsen zwar zum Bruchteil zu einer geringeren/höheren Zinsmarge der Banken bei, aber das wird dieselben Banken nicht von Darlehens-, Wertpapier- und Immobiliengeschäften abhalten, denn die erzielbaren Kapitalmarktzinsen und Wertzuwächse von Finanz- und Realkapital sind in der Regel viel höher als fraktional zu tragende Leitzinsen, Interbankzinsen und Habenzinsen für Kunden. Viertens mögen Leitzinsen andere Zinssätze vielleicht doch marginal irgendwie beeinflussen, aber das Spektrum der Zinssätze und das allgemeine Zinsniveau beeinflussen sie nicht, denn dieses bestimmt sich an den Vermögensmärkten. Das zeigt sich unter anderem daran, dass im Kontext der aktuellen Krisenpolitik der EZB das verkündete Programm sekundärer Aufkäufe von Staatsanleihen am offenen Markt das einzig erkennbar wirkungsvolle Instrument der Zentralbank-Zinspolitik ist (zugunsten der fast allesamt hoch verschuldeten Euro-Staaten).            

In einer Vollgeldordnung dagegen erhält die Zentralbank eine lückenlose Kontrolle über die Geldmenge. Das versetzt sie in die Lage, eine effektive Geldmengenpolitik zu betreiben. Eine Vollgeld-Mengenpolitik soll Inflation und Asset Inflation ebenso vermeiden wie Deflation. Sie muss daher – kurz- und langfristig – mit einem gewissen zeitlichen Vorlauf einen Geldmengenzuwachs in Umlauf bringen, der dem erwartbaren Wachstumspotenzial der Wirtschaft bei annähernder Auslastung der Kapazitäten entspricht, und diese Geldmenge in Rückkopplung an die tatsächliche Entwicklung mithilfe ihrer geldpolitischen Instrumente fortlaufend justieren.

Wollte man die Geldmenge stattdessen wieder an einen Goldstandard binden oder einen anderen Sachwert-Standard, wie die Neo-Österreichische Schule u.a. es befürworten, wäre dies die falsche Antwort.[8] Die Befürworter erhoffen sich, ein Goldstandard würde der Investitionstätigkeit und steigender Produktivität nicht im Weg stehen und der damit verbundene Wohlstandszuwachs würde allen Beteiligten zugute kommen in Form gleich bleibender oder geringfügig sinkender Erwerbseinkommen bei stark sinkenden Preisen. Hier werden Lernkurven einzelner Wirtschaftszweige mit der Gesamtwirtschaft verwechselt. Was tatsächlich eintreten würde, weiß man aus Erfahrung gut genug: Deflation und Stagnation. In der wirklichen Wirtschaftswelt gibt es keine organische Abwärtselastizität von Preisen und Einkommen, stattdessen Massenarbeitslosigkeit, stagnierende bis abnehmende Massenkaufkraft und Verarmung in den unteren Schichten.     

In einer Vollgeldordnung müssen Zentralbanken in Ausübung ihres gesetzlichen Mandats unabhängig sein und eine diskretionäre und flexible Geldpolitik verfolgen können, nicht eine mechanisch regelgebundene. Der Grund liegt darin, dass die Geldmenge ungefähr im Gleichschritt mit dem Wirtschaftswachstum zulegen muss, bei einem gewissen Vorlauf der Geldmengen-Einschleusung oder -Ausschleusung. Wachstum und Entwicklung der Wirtschaft erfolgen in Zyklen unterschiedlicher Art, die durch weit mehr als nur monetäre Faktoren bestimmt sind, obschon den monetären Faktoren im Gesamtgeschehen stets eine grundlegende Funktion zukommt. Jedenfalls ist das Wachstumspotenzial der Wirtschaft ein bewegliches Ziel. Den voraussichtlichen Geldbedarf kurz- und langfristig fortlaufend zu antizipieren und die vorhandene Geldmenge laufend anhand des tatsächlichen Wachstums sowie der gegebenen Inflation und Asset Inflation zu justieren, ist keine triviale Aufgabe. Ihr gerecht zu werden, erfordert naturgemäß, flexibel und situationsgerecht handeln zu können.

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Mengen- und Zinspolitik in einer Vollgeldordnung

Die Geldmengenentwicklung soll in etwa proportional zur Output-Entwicklung erfolgen (BIP solange kein besseres Maß vorhanden ist). Dies bedeutet keine Verengung auf die Realwirtschaft, sondern soll dem Geldbedarf der Realwirtschaft und dem der BIP-wirksamen Finanzwirtschaft gleichermaßen Rechnung tragen.  Eine früher gebräuchliche Bezeichnung dafür lautete Potenzial-orientierte Geldpolitik (Wachstumspotenzial). In Amerika spricht man eher von Kapazitäts-orientierter Geldpolitik (orientiert an der strukturellen Vollauslastung der Kapazitäten).

Die operativen Ziele einer Vollgeld-Politik wären heute jedoch nicht Geldmengenziele, sondern, wie bisher, Bandbreiten der Inflation, des Außenwerts der Währung, zudem aber auch Asset Inflation (Vermögenspreise und Volumina von Rendite-tragenden Finanztiteln im Verhältnis zum BIP), ggf auch ein Grenzbereich der finanziellen Tragekapazität der Wirtschaft im Verhältnis zum laufenden Output (= dem laufenden Einkommen). Sofern Geldpolitik zugleich ein Beitrag zur Wirtschaftspolitik sein soll, was strittig ist, wären auch Konjunktur und Beschäftigung als relevante Bezugsgrößen heranzuziehen. 

Die genannten Ziele sind teils einander gegenläufig und verlangen eine jeweils situationsgerechte Abwägung. Auch von daher ist eine diskretionär variable Geldpolitik einer mechanistisch regelgebundenen vorzuziehen.

Ihren Zielen steuern kann eine Zentralbank (bzw können die Zentralbanken grenzüberschreitend) indem der größere und langfristige Teil des zu erwartenden und ggf erweiterten Geldbedarfs als originäre Seigniorage über Staatsausgaben in den Umlauf gebracht wird, während der kleinere und kurzfristige Teil der Geldmengenausweitung weiterhin als Zentralbankkredit an Finanzinstitute herausgegeben werden kann. Diese kurzfristige Geldausweitung (oder ggfGeldabsorption) wäre ein wichtiger Kanal des laufend zu re-adjustierenden zirkulierenden Geldbestands.

Die Zentralbank kann dabei sowohl über die Geldmenge (und damit Zins-beeinflussend) das Geschehen steuern als auch über ihre Zinspolitik (und damit Mengen-beeinflussend). Mengenpolitik ist im heutigen Giralgeldsystem praktisch überhaupt nicht mehr möglich, die Wirksamkeit der Zinspolitik allzu schwach. In einem Vollgeldsystem sind beide Zugänge effektiv, denn sie beziehen sich auf alles Geld, nicht nur auf eine kleine Fraktion von 1,5% (UK) oder 2,5% (Euro). 

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Vorteile und Grenzen einer Vollgeldordnung

Vollgeld würde die Probleme des Giralgeldregimes weitgehend eindämmen und teilweise ganz eliminieren. Vollgeld ist sicheres Geld. In einer Bankenkrise kann es nicht verloren gehen wie Giralgeld. Da die Geldmenge unter vollständiger Kontrolle ist und dadurch eine monetär verursachte Inflation/Deflation ausgeschlossen werden kann, wird dies seinerseits der Bildung extremer Blasen und schwerer Krisen vorbeugen, ohne deshalb die Strukturwandel-dienliche Zyklik der Wirtschaft außer Kraft zu setzen. Darüber hinaus wird ein BIP-proportionales Wachstum der Geldmenge mit einem gleich proportionalen Zuwachs der Geld- und Finanzvermögen einhergehen und somit die vereinseitigte Tendenz zu einer Zunahme der Kapitaleinkommen auf Kosten der Arbeitseinkommen von monetärer Seite nicht länger bedienen. Nicht zuletzt kann die Seigniorage aus der Geldschöpfung dazu beitragen, die öffentlichen Haushalte auszugleichen und öffentliche Überschuldung künftig zu vermeiden. Zugleich erlaubt es eine Vollgeldordnung, vorteilhafte Aspekte des bestehenden Geldsystems beizubehalten wie zum Beispiel Bequemlichkeit, transaktive Effizienz, Fristentransformation (besser gesagt, tolerierbare Fristen-Inkongruenz von Aktiva und Passiva in einer Bankbilanz), Konvertibilität der Währung in internationalen Zahlungsströmen, nicht zuletzt eine wirksame flexible Geldpolitik, die, anders als heute, imstande ist, eine Konjunktur- und Finanzmarkt-zyklische Über- und Unterversorgung mit Geld zu vermeiden.

Freilich, der Übergang von Giralgeld zu Vollgeld ist kein finanzmarktpolitisches Allheilmittel. Eine Reform der Geldschöpfung macht andere nötige Banken- und Finanzmarktreformen nicht entbehrlich, zum Beispiel eine vollständige Rechnungslegung der Banken, die ihre Risikoexposition offen legt, oder ein Einzelverbot gewisser 'Finanzprodukte' und wilder Handelspraktiken, oder erhöhte Eigenkapitalpolster, oder Elemente einer Trennbankenordnung wie zum Beispiel die Abtrennung des Eigenhandels der Banken von ihrem Kundengeschäft. Übrigens wird ein elementares und meist übersehenes Element einer Trennbankenordnung, nämlich die Trennung des Service Banking (Kontomanagement, Geld- und Zahlungsservice) vom Kredit- und Investmentgeschäft der Banken, durch eine Vollgeldordnung automatisch realisiert.

Umgekehrt allerdings machen solche Reformen eine Vollgeldreform keineswegs entbehrlich, wie manche Ökonomen irrtümlich annehmen. Ohne Vollgeldreform werden sich alle solche Maßnahmen auf Dauer als so wenig wirksam erweisen wie die bisher schon unwirksamen Eigenkapital-Anforderungen, die man nun etwas verstärkt.[9] Moderne Ökonomien sind Geld-basiert und finanzialisiert. Die Geldordnung liegt der Finanzwirtschaft zugrunde wie diese der Realwirtschaft. Wenn das Geldsystem nicht sicher und stabil funktioniert, können auch Finanz- und Realwirtschaft nicht ordentlich funktionieren. Die wichtigste Voraussetzung einer stabilen Finanzwirtschaft und ihrer vorrangigen Ausrichtung an den Erfordernissen der Realwirtschaft ist ein sicheres und stabil führbares Geldsystem. 

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Fußnoten

[1] Siehe Joseph Huber 2013: Modern Money Theory and New Currency Theory. A comparative discussion, including an assessment of their relevance to monetary reform, Real-World Economic Review, No. 66, 38–57. Online verfügbar http://www.paecon.net/PAEReview/issue66/Huber66.pdf.

[2] Vgl https://vollgeld.de/currency-versus-banking.

[3] Ermittelt nach statistischen Angaben in Deutsche Bundesbank, Monatsberichte, Tab. II.2, IV.2-3, V.3. Zahlen zu Krisenbeginn 2007/08. Vorübergehend beliefen sich die (weitgehend ungenutzten) Reserven auf bis zu 12% der Giralgeldbestände, was sich seit 2013 wieder allmählich wieder normalisiert.

[4] Nach einer IWF-Studie von Luc Laeven & Fabian Valencia, Systemic Banking Crises. A New Database, IMF Working Paper, WP 2008/224, ereigneten sich von 1970 bis 2007 weltweit 145 sektorale Bankenkrisen, 208 Währungszusammenbrüche und 72 Staatsschuldenkrisen, zusammen 425 systemische Finanzkrisen. Siehe auch Carmen M. Reinhart & Kenneth Rogoff 2009: This Time is Different. Eight Centuries of Financial Folly, Princeton University Press.

[5] Erhard Glötzl 2013: Problematik der Giralgeldschöpfung durch Geschäftsbanken. Paper und Video online verfügbar auf vollgeld.de/manuskripte-und-papers.

[7] John Maynard Keynes 1923: A Tract on Monetary Reform, London: Macmillan, 74.

[8] Vgl Jesús Huerta de Soto 2006: Money, Bank Credit, and Economic Cycles, Auburn, Ala.: Ludwig von Mises Institute, 715ff.

[9] Typisch bei Anat Admati & Martin Hellwig 2013: The Bankers' New Clothes, Princeton University Press. Sie fordern eine sehr hohe Eigenkapitalquote von 30 Prozent, verkennen aber völlig die Realitäten des Giralgeldsystems. 

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