Ist staatliche Geldschöpfung nicht inflationär? Wieso soll man dem Staat mehr trauen als den Banken?

Die Frage hat ihre Berechtigung. Fürsten, Diktatoren und auch demokratische Regierungen haben ihre Länder häufig genug ruiniert – aus Prunksucht, für Rüstung und Kriege, oder um sich und dem Volk mehr Wohlstand vorzugaukeln als die Produktivität der Wirtschaft hergibt, also auf Kosten der Nation mehr Geld auszugeben als die Nation sich auf Dauer leisten kann.

Andererseits ist es falsch zu behaupten, wie Banking-Doktrin dies tun, öffentliche Geldschöpfung sei zwangsläufig inflationär, Bankengeldschöpfung aber nicht. Finanzgeschichtlich war viel häufiger das Gegenteil der Fall. Wo immer die Banken maßgeblichen Einfluss auf die Geldschöpfung ausübten, haben sie überschießend zu viel Geld und damit Inflation und Asset Inflation erzeugt. Staatliche Geldschöpfung ergibt im Vergleich zwar ein gemischtes, aber doch positiveres Bild als irrtümlicherweise unterstellt wird. Man hat sicherlich Grund, zu fragen, wie weit man Politikern trauen kann. Aber man hat mindestens soviel Grund, sich zu fragen, warum man ausgerechnet Banken trauen sollte.

Die meistzitierten Beispiele für Inflation durch staatliche Geldschöpfung, zum Beispiel der wertlos gewordene US Continental Dollar im und nach dem Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg sowie die Weimarer Hyperinflation belegen tatsächlich etwas ganz anderes als man meint. Der Continental Dollar wurde durch massive Banknotenfälschung der Engländer als Mittel der Kriegführung gegen die Amerikaner zerstört. Die deutsche Hyperinflation wurde ebenfalls nicht durch endogenes Fehlverhalten der Regierung bzw der Reichsbank bewirkt, sondern: eine sozusagen normale kriegs- und konversionsbedingte Inflation wurde hochpotenziert infolge aberwitziger Reparationszahlungen in Pfund und Dollar, die am Devisenmarkt mit neu gedruckten Reichsmark gekauft werden mussten. Der sich ergebende Niedergang der Währung war zugleich Gegenstand massiver Devisenspekulation gegen die Mark. Die – damals im übrigen noch private – Reichsbank wurde unter die Leitung einer alliierten Kommission gestellt. Diese wies die Reichsbank an, jeglichen Kredit unbegrenzt auszustellen und Geldabflüsse ins Ausland unbegrenzt zu finanzieren, im Klartext: die Devisenspekulation gegen die Mark sowie die Abführung der Spekulationsgewinne ins Ausland unbegrenzt durch Geld drucken zu finanzieren. Auch in diesem Fall handelte es sich also gleichsam um eine Fortsetzung des Krieges mit finanziellen Mitteln. 

Unabhängig von der Frage, wer historisch als der bessere Währungshüter gelten kann, Staat oder Banken, sind in der Frage der Geldschöpfung auch grundlegende staatsrechtliche Aspekte zu beachten. Es gibt Dinge, deren Gewährleistung im Interesse der Allgemeinheit liegt: freiheitliche und soziale Grundrechte, überhaupt die Geltung der Gesetze, öffentliche Ordnung und Sicherheit, öffentliche Infrastrukturen, allgemeine Schulbildung und andere Aufgaben der allgemeinen Daseinsvorsorge. Dazu gehört auch die Gewährleistung allgemeiner Zahlungsmittel und die Aufrechterhaltung des allgemeinen Zahlungsverkehrs. Wer, wenn nicht der Staat, soll das rechtlich und teils auch praktisch gewährleisten?

Die Geldordnung ist Teil der öffentlichen Rechtsordnung, eine Frage von Verfassungsrang von gleicher Bedeutung wie die Monopole (Prärogativen) der Gesetzgebung, der Gebietsverwaltung, Rechtsprechung, Besteuerung und Gewaltausübung. Schon alleine deshalb gehört das moderne Geld, als frei schöpfbares chartales Geld, in die Kontrolle der öffentlichen Hand - freilich nicht in die Hand des Finanzministers, des Regierungskabinetts oder des Parlaments. Man müsste dann allen Lippenbekenntnissen zum Trotz tatsächlich Schlimmes befürchten, denn diese Instanzen stehen stets unter dem Druck, mehr Geld auszugeben als regulär zur Verfügung steht.

Aus diesen Gründen sind die Zentralbanken in den meisten Ländern nicht nur nach und nach verstaatlicht worden, sondern sie wurden in den zurückliegenden Jahrzehnten zunehmend auch unabhängig gestellt, frei von Weisungen der Regierung, und ebenso frei von förmlichen Einflüssen der Banken, Wirtschaftsverbände, etc. Vergleichbar den Gerichten sollen Zentralbanken ihrem gesetzlichen Auftrag verpflichtet, ansonsten aber in unparteiischer Weise nur ihrem professionellen Wissen und Urteilsvermögen verpflichtet sein.     

In der geldpolitischen Unabhängigkeit der staatlichen Zentralbanken liegt in der Tat die Lösung: Man darf die Kontrolle über das Geld nicht den privaten Geschäftsinteressen von kommerziellen Großbanken überlassen. Dazu ist Geld ein viel zu bedeutendes Machtinstrument. Also muss man diese Aufgabe dem Staat in die Hände geben. Damit jedoch der Staat seinerseits keinen Missbrauch damit treibt, muss eine eigens dafür eingerichtete Instanz geschaffen werden, der es obliegt, die Währungs- und Geldhoheit in einer unabhängigen, unparteiischen, nicht eigeninteressierten und nur dem Gesetz verpflichteten Weise auszuüben – die Zentralbanken als Monetative, als Vierte Gewalt, in Ergänzung der Legislative, Exekutive und Judikative.