Der digitale Euro erster Generation

Der digitale Euro ist eigentlich eine gute Sache. Er begegnet dem starken Rückgang des hergebrachten Bargelds mit einer modernen digitalen Form von Bargeld, einem Zentral­bank­geld zum Gebrauch aller, einem Vollgeld von sicherem Bestand, einfach zu handhaben, und unter Gewähr­leistung der finanziellen Privatsphäre. Soweit der digitale Euro sich verbreitet, erhöht er außerdem die Wirksamkeit der Geld­politik und bringt der Zentralbank zuguns­ten der Staatskasse einen höheren Geld­schöpf­ungs­gewinn, etwas, das bisher vor allem den Banken zugutekommt durch deren privilegierte private Schaffung von Giralgeld­. Dieses besitzt im allge­meinen Zahlungsverkehr, bei nur noch 2–10% Bargeld, schon fast eine Alleinstellung.     

Zur aktuellen Planung des digitalen Euro

Der eigentlich große Schritt der Einführung eines digitalen Euro wird durch die jetzige Planung der EZB und EU-Kommission leider nur in kleinster Weise getan.
Es ist vorgesehen, den Besitz von digitalen Euro stark zu beschränken (im Gespräch sind maximal 3.000 Euro) ebenso Zahl­ungen mit digitalen Euro (maximal in Höhe von 1.000 Euro). Wenn jemandem mehr als insg. 3.000 digitale Euro zufließen, ist vorgesehen, den 'Über­schuss' automatisch in ein Bank-Girogut­haben zwangsumzuwandeln.
Im Unterschied zu Bank-Giroguthaben wird auf digitale Eurogut­haben kein Habenzins gezahlt (während die Banken auf ihre Reserven-Guthaben bei der EZB sehr wohl einen Habenzins erhalten).  

Kommt der digitale Euro in derart beschränkter Weise, bleibt er ein Ladenhüter. Denn ein allge­meines Zahlungsmittel beruht darauf, dass Privatnutzer und Geschäftsnutzer es in großer Zahl verwenden (Netzwerk-Effekt), und außerdem es auch in großen Summen tun, nicht bloß als Kleingeld.

Wenn außerdem die Banken einen Habenzins auf Kontoguthaben zahlen, während der digi­tale Euro unverzinst bleibt, werden die meisten Stellen, die digitale Euro überhaupt anneh­men, diese von sich aus sogleich in Bankguthaben umwandeln. Das ist der Hauptgrund dafür, dass die Verbreitung des digitalen Yuan in China seit seiner Einführung 2022 stag­niert. Für die Banken bleibt damit im wesentlichen alles beim alten. Die systembestimmende Dominanz des Bankengelds und die Rolle der EZB als allzeit bereites Stützungsorgan der Banken wird in keiner Weise relativiert. 

Erforderlich: Unbeschränktheit und Verzinsung des digitalen Euro

Für ein Gelingen des digitalen Euro stellen sich vor allem die zwei Erfordernisse.

Erstens soll man die Nutzung des digitalen Euro – der doch ein unbeschränktes gesetzliches Zahlungs­mittel sein soll – nicht willkürlich beschränken. Stattdessen soll man die Nutzung des digitalen Euro der Nachfrage des Publikums und der Akzeptanz des Marktes über­lassen.

Zweitens, wenn die Banken einen Habenzins auf Giroguthaben zahlen, soll die EZB auf digitale Euroguthaben einen gleichen Habenzins zahlen können. Das ist sicherlich nicht im Sinn der reinen Lehre. Denn verzinst wird ein Kredit, nicht das Zahlungsmittel. Bargeld ist noch nie verzinst worden. Dagegen werden Bank-Girogut­haben ggf verzinst, weil sie einen impliziten Bargeldkredit der Kunden an ihre Bank darstellen. Spar- und Terminguthaben werden ver­zinst, weil sie einem teuren Reserven­ab­fluss vorbeugen oder auch einen billigen Reserven­zufluss bringen. Warum aber die EZB den Banken einen Habenzins auf Reserven­guthaben zahlt, ist unerfindlich, denn Reserven­gut­haben kommen aus einem Kredit der Zentralbank an die Banken, nicht umgekehrt. Die Gefälligkeit eines unechten Habenzinses auf Reserven­gut­haben rechtfertigt sich nicht bankkaufmännisch, sondern stellt eine Bankensubvention dar. Wenn man sich aber genötigt sieht, den Banken diese enorme Gefälligkeit zu erweisen, dann kann und soll man das aus prag­ma­tischen Gründen auch bzgl. der Verzinsung von digitalen Euro tun, um deren Verbreitung gegenüber dem Quasi-Monopol des Zentralbank-gepäp­pel­ten Bankengeldes zu ermöglichen.