Vollgeldreform light
Digitales Zentralbankgeld als Kontogeld und ggf Kryptogeld in Koexistenz mit dem Giralgeld der Banken
Einführung
Von Seiten der internationalen Vollgeldbewegung wird seit 2014 digitales Zentralbankgeld (digital cash), also digitales Vollgeld vorgeschlagen, zunächst parallel zum Giralgeld, in der Erwartung, das Vollgeld werde das Giralgeld mit der Zeit ablösen.[1] Auch eine wachsende Zahl von Zentralbanken befasst sich inzwischen mit dem Thema, zunächst noch forschungshalber, teils auch schon in Form von Pilotprojekten. Für einige Geldreformer spielt eine Rolle, dass sie im 'digitalen Geld' eine bedeutende Basisinnovation und die alles bestimmende Zukunft des Geldes sehen. Teils kommt auch die pragmatische Erwägung ins Spiel, wonach der Spatz in der Hand besser ist als die Taube auf dem Dach, soll heißen, sollte eine umfassende Vollgeldreform mit Beendigung des Giralgeldprivilegs der Banken zu einem bestimmten Stichtag in absehbarer Zeit nicht erreicht werden, wäre vielleicht doch etwas weniger weitgehendes erreichbar.
Für betreffende Zentralbanker ist Vollgeld bisher kaum ein Bezugsrahmen, zumindest nicht explizit, aber ihre Beweggründe überlappen sich mit denen einer Vollgeldreform, indem sie ihre Geldhoheit und die Wirksamkeit der Geldpolitik allmählich doch bedroht sehen. Und so ist, was sie ins Auge fassen, nichts anderes als eine 'Vollgeldreform light', nämlich: digitales Zentralbankgeld im öffentlichen Geldverkehr unter Nichtbanken einzuführen, jedoch ohne dabei das Giralgeldprivileg der Banken anzutasten, also die Fähigkeit des Bankensektors, sich selbst das Giralgeld zu erzeugen, auf dessen Grundlage die Banken bei ihren Geschäften mit Nichtbanken tätig sind.
Nichtbanken – Privatpersonen, Firmen und die meisten öffentlichen Haushalte – haben heute die Wahl zwischen einerseits Vollgeld in Form von Bargeld und andererseits Bankengeld in Form von Giralgeld. Der Gedanke ist nun der, Nichtbanken auch im bargeldlosen Verkehr die Wahl zwischen Bankengeld (Giralgeld) und Zentralbankgeld (als digitalem Vollgeld) zu ermöglichen. Beide würden parallel neben- und miteinander bestehen.
Mancher Anhänger des Ansatzes idealisiert ihn als eine 'Kombination des Besten beider Welten'.[2] Andere hoffen darauf, es werde sich um eine Übergangslösung handeln, in der das heutige Giralgeldregime der Banken allmählich sein Ende findet. Mit der Zeit würde das sichere Zentralbankgeld erster Ordnung das unsichere Bankengeld zweiter Ordnung aus dem Verkehr verdrängen. Dadurch würde die Fehlentwicklung der letzten hundert Jahre umgekehrt, in denen das Giralgeld das Vollgeld verdrängt hat, je nach Land inzwischen zu 80–97%, sodass wir es heute mit einem Giralgeldregime der Banken zu tun haben. Dieses wird pro-aktiv von der Giralgeldschöpfung der Banken bestimmt, während die Zentralbanken es aufgegeben haben, die Geldmenge unter Kontrolle behalten zu wollen (zugunsten eines Inflationsziels, das durch Basiszinspolitik von zweifelhafter Wirkung erreicht werden soll).
Im folgenden werden zunächst die zeitgeschichtlichen Entwicklungen besprochen, welche die Einführung von digitalem Zentralbankgeld dringlich machen. Danach wird geklärt, was digitales Zentralbankgeld im genaueren überhaupt heißen soll, ob damit Kontovollgeld gemeint ist (Guthaben auf Vollgeldkonten) oder Kryptovollgeld auf Basis einer Form von Blockchaintechnik.
Es werden in diesem Zusammenhang öfter noch zwei weitere Ansätze genannt, nämlich Helikoptergeld (Quantitative Easing for people) sowie auch sichere Konten bzw sicheres Giralgeld durch eine freiwillige 100%-Reserve auf Bankeinlagen. Tatsächlich jedoch, wie in zwei kurzen Abschnitten als Anhang zu diesem Papier erläutert wird, gehören Helikoptergeld und 100%-reservegedeckte Depositen nicht hierher.
Entwicklungen welche die staatliche Geldhoheit bedrohen und damit die Zentralbanken in Zugzwang bringen
Die Entfaltung des Giralgeldregimes der Banken seit mehr als hundert Jahren hat die monetären staatlichen Prärogativen inzwischen bereits in erheblichem Maß zurückgedrängt.[3] Die Entwicklungen, welche die Situation nun endgültig auf die Spitze zu treiben drohen, sind
- das allmähliche Verschwinden, ggf auch die Abschaffung des Bargelds
- ein starker Konzentrationsprozess des Bankensektors
- ein neues Geldsurrogat in Form der Geldmarktfondsanteile
- die Emergenz von von privaten Digitalwährungen wie zum Beispiel Bitcoin
- paradigmatisch die Vorherrschaft der Effizienzmarkt-Hypothese auch im Hinblick auf Giralgeldschöpfung und Kreditausweitung.
Der Anteil des Bargeldes an der gesamten Geldmenge ist im Lauf der Zeit immer kleiner geworden. Um 1900 standen 30–40 Prozent Giralgeld noch 60–70 Prozent Bargeld gegenüber.[4] Heute liegt dieses Verhältnis im Euroraum statistisch bei über 80% Giralgeld zu unter 20% Bargeld; tatsächlich eher bei 90:10, denn ein Teil des Bargelds wird als Sicherheitspolster gehortet, oder es zirkuliert im Ausland als Parallelwährung.
Als Folge davon wie auch als weitere Bedingung dafür kam es im Bankensektor zu wiederkehrend verstärkten Konzentrationsprozessen. Je größer eine Bank, desto relativ geringer ihr Refinanzierungsbedarf. Dadurch geht die Zahl kleinerer, im Refinanzierungs-Kostenwettbewerb unterlegener Banken langfristig allenthalben zurück. Übrig bleiben wenige Groß- und Megabanken, mit Millionen von Kunden, auf die, bei technisch beschleunigtem Zahlungsverkehr, Milliarden von bargeldlosen Zahlungen entfallen.
Mit der heutigen Dominanz des Giralgelds ist zwar ein willkommener Fortschritt verbunden im Hinblick auf Einfachheit, Sicherheit, Schnelligkeit und Kostengünstigkeit von Zahlungen. Jedoch hat sich mit dieser Entwicklung auch die Abhängigkeit des Bankensektors von seiner Refinanzierung durch die Zentralbank erheblich verringert, anders gesagt, die monetäre Kontrolle der Zentralbanken über die Banken hat stark nachgelassen. Um 100 Euro Giralgeld zu erzeugen und in Umlauf zu halten, benötigen die Banken in der Eurozone heute im Durchschnitt nur noch eine Reserve von 2,5 bis 3 Euro Zentralbankgeld. (Reserven heißen Guthaben der Banken auf einem Zentralbankkonto). Von diesen zum Bruchteil benötigten Reserven sind 1,4 Euro Bargeld, ~0,1~0,5 Euro liquide Zahlungsreserve (sog. Überschussreserve) sowie aktuell 1 Euro Mindestreserve.[5] Faktisch ist die fraktionale Basis an Bargeld und Reserven zu einer re-aktiv bereitgestellten Untermenge des pro-aktiv erzeugten Giralgelds geworden, das Bargeld als Aus- und Wiedereinwechselmenge davon.
Um von der Zentralbank unabhängig zu werden und das Giralgeldregime komplett zu machen, müssten die Banken nur noch die Restgrößen von 1,4% Bargeld und 0,1–0,6% Reserven los werden. In England, Kanada und anderen Ländern hat man die geldpolitisch funktionslose Mindestreserve, und damit den größten Teil der Reservehaltung, bereits abgeschafft.[6]
Auch das Bargeld dürfte über kurz oder lang ganz verschwinden oder abgeschafft werden. Den Banken ist das Bargeld nur noch lästig, denn die Banken dürfen Bargeld nicht selbst herstellen, sondern müssen es zu 100% finanzieren, nicht nur zu 1,1–1,6% wie das selbst erzeugte Giralgeld. Die Handhabung von Bargeld ist zudem aufwendiger und damit teurer als das computerisierte Management von Giralgeld. Aus demselben Grund weigern sich auch immer mehr öffentliche Stellen, Bargeld anzunehmen, insb. das Finanzamt.
Die überschuldeten Regierungen wollen das Bargeld abschaffen, da sie der Illusion anhängen, auf diese Weise den Sumpf von Schwarzgeld und Untergrundwirtschaft trocken zu legen und damit zusätzliche Steuereinnahmen zu erzielen. Damit lassen sich aber nur noch kleine Fische fangen. Die organisierte Kriminalität wäscht ihr Schwarzgeld längst bargeldlos. Ungeachtet dessen ist es schon recht grotesk, dass der Staat mit dem einzig verbliebenen gesetzlichen Zahlungsmittel – Bargeld, 'Staatsgeld' sozusagen – nichts mehr zu tun haben möchte, zum Vorteil der Banken und ihres Giralgelds.
Nicht zuletzt übt die Geldpolitik Druck aus, genauer gesagt, die Unterstützer von Negativzinsen (dass Kunden den Banken Sollzinsen auf Giroguthaben zahlen sollen statt Habenzinsen zu bekommen).[7] Das Bargeld ist aktuell das größte Hindernis zur allgemeinen Auferlegung von Negativzinsen, da Bankkunden diese heute noch umgehen können, indem sie Bargeld statt Giralgeld halten. Würden das im gegebenen Fall zu viele Leute gleichzeitig und in großem Umfang tun, wäre dies ein Bankrun – ein dem fraktionalen Reservebanking immanentes Risiko, vor dem betreffende Geldpolitiker einstweilen noch zurückschrecken.
Die Marginalisierung des Zentralbankgelds hat sich seit den 1980er Jahren noch verstärkt durch das neue Geldsurrogat der Geldmarktfonds-Anteile. Diese beruhen überwiegend auf Giralgeld und werden bisher vor allem an den Finanzmärkten als ein depositenartiges, einfach übertragbares Zahlungsmittel anstelle von Giralgeld bzw Reserven benutzt. Der Umfang von Geldmarktfonds ist erheblich. Er liegt in den USA beim 2,5fachen von M1, in Europa immerhin bei etwa einem Drittel von M1.[8]
Möglicherweise besteht neuerdings eine weitere Herausforderung der Geldhoheit der Zentralbanken im Aufstieg der privaten Kryptowährungen. Gegenwärtig gibt es über 1.400 solcher kommerzieller Privatwährungen, von Bitcoin, Ethereum und Ripple bis Madcoin.[9] Meist sind es Fintech Start-ups, die eine Kryptowährung lancieren, es gesellen sich allmählich aber auch etablierte Handels- und Industrieunternehmen, Banken und andere Finanzinstitute dazu.
Wie viele überleben und was aus den Verbleibenden wird, ist gegenwärtig noch unklar, vor allem die Frage, ob es sich dabei bloß um ein weiteres Wettspiel im globalen Kasino handelt, oder ob einige Kryptowährungen als allgemeines Zahlungsmittel Verbreitung finden. Gegen letzteres spricht der Umstand, dass vorerst weder Regierungen noch Zentralbanken für die Gültigkeit und Wertbeständigkeit solcher Guthaben einstehen und noch nicht einmal große Banken oder große Finanzintermediäre dahinterstehen. Das kann sich freilich ändern. Bereits über hundert Banken weltweit sollen inzwischen die vergleichsweise schnelle und billige Kryptowährung Ripple für Transfers in der ein oder anderen Weise nutzen.[10] Sollte das Schule machen, würden private Kryptowährungen nicht nur massiv und möglicherweise final die Geldhoheit der Zentralbanken bedrohen, sondern gleich auch noch das Prinzip nationaler Währung überhaupt in Frage stellen.
Die genannten Entwicklungen sind nicht denkbar ohne ihre paradigmatischen Grundlagen. Die fortgesetzte Privatisierung des Geldes wird nicht wahrgenommen oder als irrelevant angesehen, von nicht wenigen auch offen befürwortet, nicht nur von Anhängern des Neoaustrian Free Banking – ein neuerlicher Triumph der Banking School über das ordnungspolitische Erbe der Currency School.
Viel dazu beigetragen hat sicherlich der sog. Neoliberalismus – was eine irreführende Bezeichnung ist für einen ungezügelten Finanz- und Industriekorporatismus, grenzüberschreitende Oligopolbildung und Produktketten-Dominanz. Auch die Erben des Keynesianismus, die den Finanzkapitalismus vor allem unter Verteilungsaspekten kritisieren, bestärken in unreflektierter Weise die Sache der Banking School, und zwar in Form der Identitätsdoktrin von Geld und Kredit in Verbindung mit der Endogenitätstheorie des Geldes faktisch als Bankenkreditgeld. Aber das Geld in nationaler Währung ist keine Privatsache, sondern eine öffentliche Angelegenheit von Verfassungsrang, vergleichbar den Prärogativen der Gesetzgebung, Rechtsprechung, Territorialverwaltung, des Steuermonopols und Gewaltmonopols.
Digitales Vollgeld der Zentralbanken (digital cash, digital currency)
Nachdem sie zunächst eine abwartende Haltung eingenommen hatten, kontern etliche Zentralbanken die Herausforderung inzwischen damit, eigenes Digitalgeld in Landeswährung herausbringen zu wollen. Dies würde bedeuten, das hergebrachte Monopol auf Bargeld in der modernen Form digitalen Zentralbankgeldes fortzuführen. In 2017 haben weltweit bald zwei Dutzend Zentralbanken in diesem Sinn ihr Interesse bekannt gegeben.
Mitarbeiter der Bank von England waren unter den ersten, die öffentlich über central bank issued digital currency (CBDC) nachdachten.[11] Auch Personen in leitender Stellung der ein oder anderen regionalen US Federal Reserve schlugen 'Fedcoins' im öffentlichen Zahlungsverkehr bzw. 'Fedwire for all' vor.[12] Die Bank für internationalen Zahlungsausgleich in Basel und die Schwedische Reichsbank unternahmen Vorstöße in die gleiche Richtung.[13] Singapur und Kanada sollen bereits eine Blockchain-Währung für das Geschäft im Internet getestet haben.[14] Uruguay hat ein Pilotprojekt mit digitalen 'peso tickets' gestartet.[15] Es dürfte noch mehr dieser Art Pilotprojekte geben.
Allerdings, die Autoren und Zentralbanken, die sich mit der Sache befassen, bleiben noch zu oft unklar oder ambivalent, was genau sie unter 'digitalem Geld' und 'digitalem Zentralbankgeld' verstehen. Auslöser der Welle sind offenbar die neuen Kryptowährungen. Von daher erwartet man, es handle sich um eine informationstechnische Variante von Blockchain-basierten distributed ledgers (DL[16]). Ein Ausdruck wie 'Fedcoin' stellt eindeutig diesen Bezug her. Sodann weisen die englischen Ausdrücke digital coin, digital cash und digital currency darauf hin, dass es sich um Bargeld-artige Zahlungsmittel in Landeswährung und unter Kontrolle der Zentralbank handeln soll.
Andererseits wird in anderen Beiträgen erklärt, es handle sich zwar um eine neue Geldform, die den privaten Kryptowährungen etwas entgegensetzen soll, die selbst aber kein Kryptogeld darstellt, sondern unbares Zentralbankgeld auf Konten für den Publikumsverkehr, also Kontovollgeld. Der Ausdruck 'Fedwire for all' stellt diesen Bezug her.
Die Ausdrücke 'elektronisches Geld' oder 'digitales Geld' bleiben allzu unspezifisch und leisten Verwechslungen und Missverständnissen Vorschub. Die Banken- und Finanzwelt befindet sich seit Jahrzehnten in einem Prozess der Durchdringung mit IuK-Technik, also einer allgemeinen Computerisierung, Telematisierung und Online-Abwicklung von Transaktionen und anderen Geschäften. Verträge, Buchungen und Zahlungen werden nicht mehr per Hand oder Schreibmaschine auf Papier geschrieben und in papierne Geschäftsbücher eingetragen, sondern diese Dinge sind längst alle 'digital' codiert und werden 'elektronisch' gehandhabt. Elektronisches Geld oder digitales Geld besagt so allenfalls, dass es sich nicht um herkömmliches Bargeld in Form von Papiernoten und Metallmünzen handelt, und wenn schon 'coins', dann im symbolischen, informational übertragenen Sinn. In dieser Hinsicht kann dann jede Form von 'Buchgeld' i.S. irgendwie verbuchten und dokumentierten Geldes gemeint sein – Zentralbankreserven, aktives Giralgeld, stillgelegtes Giralgeld (Spar- und Termineinlagen), 'E-Geld' (Giralgeld, das über Karten und Apps adressiert wird), und schließlich auch jede informationstechnische Form von privaten Kryptowährungen.
Deshalb wird hier 'elektronisches' oder 'digitales' Geld als Überbegriff verstanden. Darunter aber ist genau zu unterscheiden zwischen Kryptogeld und Kontogeld. Soweit es sich dabei um Zentralbankgeld handelt, kann man auch von Kryptovollgeld bzw. Kontovollgeld sprechen.
Es gibt Fälle, in denen von Banken und/oder Zentralbanken beabsichtigt ist, die Blockchain- und DL-Technik alternativ zu den herkömmlichen Zahlungssystemen zu verwenden, jedoch nur für die heute etablierten Giralgeld- und Reserve-Transaktionen.[17] In diesen Fällen kommt keine neue Form von Geld in Spiel, lediglich eine neue Transfermethode, während das Zusammenspiel von pro-aktiv erzeugtem Banken-Giralgeld und re-aktiv bruchteilig bereit gestellten Zentralbank-Reserven systemisch bestehen bleibt – also im heutigen Giralgeldregime bzw fraktionalen Reservebanking alles beim alten bleibt.
Kryptovollgeld
Ein Referenzkonzept für ein von der Zentralbank herausgegebenes Kryptogeld steht noch aus. Klar ist momentan nur so viel, dass es sich um eine Anwendung der Blockchain- und DL-Technologie handeln soll, bei der jedoch – im Unterschied zu Bitcoin u.ä. – die Einspeisung von Währungseinheiten durch die Zentralbank erfolgt, getrennt von den fortlaufenden DL-/Blockchain-dokumentierten Transaktionen mit dem betreffenden Kryptovollgeld. Dieses wird als Bargeld-äquivalentes gesetzliches Zahlungsmittel vorgestellt, als Alternative zu privaten Digitalwährungen ebenso wie zu Giralgeld, mit dem Potenzial, die ersteren einzudämmen und das Giralgeld historisch wieder zurück zu drängen.
Kryptogeld ist natürlich kein neues Bargeld zum anfassen und bei sich tragen. Technisch gesehen ist es eher eine Art von Kontoguthaben, wobei es sich im DL-/Blockchain-Kontext jedoch nicht um ein Bankkonto handelt, sondern engl. digital wallet genannt wird, also digitale Brieftasche oder digitales Portmonnaie. Herkömmliches stoffliches Bargeld zirkuliert von Hand zu Hand, bzw. von Geldbeutel zu Geldbeutel. In sinngemäß analoger Weise kann Kryptogeld direkt von einer Krypto-Brieftasche zur anderen übertragen werden, ohne monetäre Vermittlung durch Banken oder andere Zahlungsdiensteleister. (Eine solche monetäre Vermittlung erfolgt bei Übertragung von Giralgeld aus einem Girokonto in ein anderes Girokonto, vermittelt durch die Interbankenzirkulation bzw Interbankenverrechnung von Reserven). Es ist vorgesehen, und ist technisch kein Problem, Kryptovollgeld jederzeit in Giralgeld zu wechseln, oder umgekehrt.
Bitcoins, die erste und gegenwärtig immer noch größte Kryptowährung, werden durch einen undurchsichtigen und im Prinzip unveränderlichen Algorithmus errechnet ('geschürft'). Die Rechner erhalten Bitcoin als Entgelt für die aufwendige allseitige Verifizierung von Bitcoin-Transaktionen. Dazu sind energiehungrige 'Computerfarmen' entstanden, vor allem in China sowie in Gegenden nahe dem Polarkreis. Der Bitcoin-Algorithmus nähert sich fortlaufend einem nicht überschreitbaren Grenzwert. Jedes neue Bitcoin erfordert mehr Rechenleistung bzw. Zeit als das vorherige. Die Bitcoinschöpfung ist also endlich und ohne Bezug zur tatsächlichen Wirtschaftsdynamik, sinngemäß analog zur früheren stofflichen Knappheit von Gold. Kryptovollgeld würde dagegen ausschließlich von der Zentralbank geschöpft, im Bestand flexibel re-adjustierbar gemäß ihrer eigenen diskretionären Geldpolitik.
Bitcoin gilt inzwischen nicht mehr als Modell für die Zukunft, schon alleine weil Bitcoin zu energieintensiv und von daher auch zu kostenaufwendig ist, und viel zu langsam in der Verarbeitung von Transaktionen, um als modernes allgemeines Zahlungsmittel brauchbar zu sein. Bitcoin kann nur 7 Transaktionen pro Sekunde ausführen, ein Zahlungsdienst wie PayPal immerhin über 100. Visa oder Mastercard bringen es dagegen auf 2.000 bis 7.000.[18]
Hinzu kommen ungeklärte Rechtsfragen, zum Beispiel was Gewährleistung und Haftung angeht. Bitcoin-Anhänger vermeinen sich in einem anonymen Raum ohne kodifiziertes Recht und staatliche 'Einmischung'. Das bleibt freilich eine libertär-anarchische Chimäre. Transaktionen müssen bei gegebenem Anlass nachvollziehbar und gerichtsverwertbar offen zu legen sein (was technisch auch bei Bitcoin de facto gegeben ist. Alle digital-elektronischen Vorgänge hinterlassen eine Spur).
Die Bank von England (BoE) schien ursprünglich eindeutig das Projekt einer Kryptowährung zu verfolgen. Ein für die BoE entwickeltes Konzept heißt RSCoin.[19] Das Akronym wurde zwar nicht erklärt, der Zweck des Ansatzes aber liegt erklärtermaßen darin, ein leistungsfähiges kryptographisches Zahlungssystem für Zentralbankgeld zu schaffen, also Kryptovollgeld, das von der Zentralbank eingespeist wird, von ihr im Mengenbestand geldpolitisch veränderbar ist, und das den rechtlichen Erfordernissen genügt. Offiziell verlautete in der Sache seit 2016 jedoch nichts mehr.
Eine der nachfolgenden BoE-Publikationen zum Thema, das CBDC-Modell nach Barrdear und Kumhof, war bezüglich der Frage Krypto- oder Kontovollgeld nicht mehr eindeutig.[20] Der Ansatz werde ein 'universelles, elektronisches, 24/7, in Landeswährung denominiertes und verzinstes Guthaben in Zentralbankgeld gewährleisten'. Die Autoren sehen CBDC als eine Ausgestaltung von Tobin’s beiläufigem Vorschlag von deposited currency accounts aus dem Jahr 1987. CBDC soll nicht nur für Banken da sein, sondern im Prinzip auch für alle Nichtbanken 'den Zugang zur Zentralbankbilanz öffnen'. Das unbare Vollgeld würde 'durch Blockchain-Eintragungen implementiert und mit Giralgeld als Zahlungsmittel konkurrieren'.
Die Autoren gehen von einem Vorkrisen-Szenario aus, 'mit einem Ausgangsbestand an digitalem Zentralbankgeld im Umfang von 30% des BIP, das gegen einen gleichen Betrag an Staatsanleihen herausgegeben wird und, bei konjunkturzyklischer Readaption, auf diesem Niveau gehalten wird. Die 30% werden zugrunde gelegt, weil dies in etwa der Größenordnung entspricht, in der wichtige Zentralbanken im letzten Jahrzehnt Quantitative Easing betrieben haben'.[21] Eine Simulation mittels des DSGE Modells der Autoren ergibt, dass die Einführung von digitalem Vollgeld in diesem Umfang 'eine bleibende Erhöhung des BIP um 3% bewirken könnte, zurückzuführen auf eine allgemeine Herabsetzung des Zinsniveaus, der Steuerlast sowie monetärer Transaktionskosten. Eine kontrazyklische Mengen- oder Preispolitik, als geldpolitischen Instrumenten der Emission von digitalem Vollgeld, könnte erheblich die Fähigkeit einer Zentralbank verbessern, Wirtschaftszyklen zu stabilisieren'.[22]
Dass das digitale Zentralbankgeld verzinst werden soll, unterstreiche nach Aussage der Autoren den Bargeld-Charakter des digitalen Vollgelds.[23] Das Digitalgeld der Zentralbank würde ausschließlich durch Ankauf von Staatsanleihen am offenen Markt herausgegeben, also nicht mehr nur den Banken direkt zugeführt. Das Ausmaß, zu dem digitales Zentralbankgeld in Umlauf gelangt, kann so unter Kontrolle gehalten werden. Einer eventuellen Erdrutschbewegung vom Giralgeld der Banken zum digitalen Vollgeld der Zentralbank könne so vorgebeugt werden. Die Regierung würde die Anleihen bei Fälligkeit bei der Zentralbank tilgen, aber das digitale Vollgeld könne weiter wie Bargeld in Umlauf bleiben, jedenfalls so lange bis es im Zuge von Zahlungen an die Zentralbank zurückfließen würde (wodurch Zentralbank-Verbindlichkeiten in gleicher Höhe gelöscht werden).
Der Mechanismus der Ausgabe und Löschung von digitalem Zentralbankgeld bei Barrdear/Kumhof folgt weiter dem bisherigen Prinzip, Zentralbankgeld als Kreditgeld zu schöpfen und zu verbuchen. Ein Konsortium von Banken würde weiterhin die Staatsanleihen aufnehmen, um dann einen größeren oder kleineren Teil davon gegen Löschung von Giralgeld an nicht-monetäre Finanzinstitute und Privatpersonen zu verkaufen. Die Zentralbank würde hernach die Staatsanleihen den Banken, Finanzinstituten und Privaten gegen CBDC abkaufen. Damit hält die Zentralbank die betreffenden Staatsschulden, während unter Banken ebenso wie Nichtbanken CBDC anstelle der bisherigen Reserven bzw Giroguthaben zirkuliert.
Kontovollgeld
Vollgeldkonten als alternative Option zu Girokonten
An manchen Stellen bei Barrdear/Kumhof ebenso wie anderen Zentralbank-Verlautbarungen hat man den Eindruck, es gehe bei dem gemeinten digitalen Zentralbankgeld vielleicht doch nicht um Kryptovollgeld, sondern um Kontovollgeld. In der Tat ist es so, dass der erwünschte Effekt auch durch eine neue Art von Bank- bzw Zentralbankkonto erreicht werden kann – ein Vollgeldkonto, oder kurz Geldkonto – als alternative Option zu den bestehenden Girokonten mit Giralgeld.[24] Geldkonten würden Nichtbanken (Firmen, Haushalten, öffentlichen Haushalten und Finanzinstituten die selbst keine Banken sind) die Möglichkeit eröffnen, ihr Geld auch in Form von Zentralbank-Reserven auf Geldkonten zu halten. Nur Banken und einige Regierungsstellen haben gegenwärtig diese Möglichkeit. Geldkonten sind zugleich eine Antwort auf den Ruf nach sicheren Konten, der mit jeder Bankenkrise wiederkehrt.
Der Ansatz, Vollgeldkonten im Publikumsverkehr parallel zu Giralgeld einzuführen, wurde bereits 2013 auf der Jahreskonferenz des Vereins Monetative und seither [hier] auf vollgeld.de erörtert, insb. in Form der älteren Versionen des vorliegenden Artikels. Dies geschah zunächst in Reaktion auf die damaligen Vorschläge einer direkten Staatsfinanzierung (Helikoptergeld) als vermeintlichem Einstieg in eine Vollgeldreform (was es nicht ist, solange nicht die Kunden selbst die Zentralbankreserven erhalten, sondern weiterhin die Banken, dazu noch gratis). Auch der ein oder andere Ökonom hat faktisch für eine Koexistenz von Giralgeld und Kontovollgeld im Publikumsverkehr plädiert.[25]
Das E-Krona Konzept der Schwedischen Reichsbank, öffentlich vorgestellt im September 2017, ist bisher am deutlichsten und weitesten in diese Richtung vorangeschritten.[26] Das hat den speziellen Hintergrund, dass in Schweden der Rückgang der Bargeldnutzung besonders weit fortgeschritten ist, die Zentralbank sich aber verpflichtet sieht, der Allgemeinheit Zentralbankgeld verfügbar zu halten – wenn nicht mehr in Form von stofflichem Bargeld, dann eben in Form von E-Krona, elektronischen Kronen als Kontovollgeld. Erwünscht ist freilich auch eine wieder erhöhte Wirksamkeit konventioneller Instrumente der Geldmengen- und Zentralbankzins-Politik. Im Prinzip kann man sagen, je größer der Anteil an Kontovollgeld gegenüber Giralgeld, desto größer ist der geldpolitische Hebel der Geldpolitik der Zentralbanken.
Über das Kontovollgeld hinaus sollen die E-Krona vielleicht auch als Kryptovollgeld mittels Karten und Apps verfügbar sein. Die Präferenz der Schwedischen Reichsbank liegt beim Kontovollgeld auf Geldkonten, schon alleine aus dem praktischen Grund, dass dafür erprobte Verfahren genutzt werden können, während Kryptogeld als allgemein genutztes Zahlungsmittel eher noch in den Sternen als schon in den Büchern steht.
Es ist beabsichtigt, für die E-Krona eine neue Konto- und Zahlungsinfrastruktur einzurichten, quasi in Wiederherstellung der Postgirodienste, als zusätzliche Infrastruktur jenseits der jetzigen Interbanken-Reservenzirkulation und der Publikums-Giralgeldzirkulation. Das ist aufwendig und vielleicht nicht unbedingt nötig.
Die Zentralbank als Systemanbieter bzw die von ihr beauftragten Systembetreiber sind weiterhin in der Rolle einer 'trusted third party', jedoch nicht als monetäre Übersetzer zwischen Bankengeld und Zentralbankgeld, sondern lediglich als treuhänderische Vollgeldkonto- und Zahlungsmanager.
In Umlauf kämen E-Krona analog zu Bargeld, also auf Nachfrage der Geldnutzer, durch Umtausch von Bargeld und Giralgeld in E-Krona bei Banken und anderen Zahlungsdiensteleistern.
Statt eine neue Infrastruktur aufzubauen, könnten die E-Krona-Konten – allgemeiner gesagt, Vollgeldkonten – durchaus auch von Banken und anderen Zahlungsdiensteleistern gemanagt werden. Das Geld kann von diesen zum Beispiel in Form eines Sammelkontos für Kunden-Transaktionen geführt werden, als Nebenkonto zu ihrem Zentralbankkonto, aber treuhänderisch außerhalb der Bankbilanz und damit getrennt von den Eigenmitteln der betreffenden Bank; sinngemäß analog zu Wertpapierkonten, die Banken für ihre Kunden führen, ohne selbst in die Wertpapierkonten ihrer Kunden bilanziell verstrickt zu sein. Für die Kundenanteile an den Transaktions-Sammelkonten könnten die bisherigen Kontonummern der Kunden im Prinzip beibehalten werden, sind diese Nummern doch eine Kombination aus Bankleitzahl und Kundenkonto. Der entscheidende Unterschied wäre: das Geld wird nicht mehr von Bank zu Bank übertragen, sondern direkt vom Geldkonto des einen Kunden ins Geldkonto eines anderen Kunden, ohne die monetäre Vermittlung einer der betreffenden Bank.
Das Vollgeld auf einem Geldkonto wäre damit das sichere Eigentum der Kunden, und es wäre weder Aktivum noch Verbindlichkeit einer Bank oder eines anderen Zahlungsdiensteleisters. Man kann unter diesem Aspekt die Geldkonten auch als Trennkonten bezeichnen, weil sie die Kundenmittel und die Eigenmittel einer Bank auseinander halten – was im bestehenden Giralgeldregime unmöglich ist.
Die Nicht-Trennung von Kunden- und Eigenmitteln ist ein Kernelement des bestehenden Giralgeldregimes auf Grundlage fraktionalen Reservebankings. Mit Einführung der Option von Geldkonten wäre der zweigeteilte Geldkreislauf dieses Systems zwar immer noch vorhanden (der Split zwischen dem Interbankenkreislauf mit Reserven und dem Publikumskreislauf mit Giralgeld), aber die Kunden hätten ab dann die Wahl zwischen Bankengeld (Giralgeld) und Zentralbankgeld (= Reserven = Kontovollgeld). Heute haben nur einige staatliche Stellen diese Wahl. Mit der Einführung von Geldkonten könnten alle Nichtbanken, das Publikum in seiner Breite, beide Arten von Konto führen.
Geldkonten anzubieten könnte für die Anbieter optional oder verpflichtend sein. Sobald ein solches Angebot vorhanden wäre, würden viele Kunden nicht zögern, davon Gebrauch zu machen. Nicht-monetäre Finanzinstitute, Unternehmen und Haushalte würden sich für eine der beiden oder beide Arten von Konto entscheiden. Indirekte Transfers zwischen Geldkonten und Girokonten wären möglich, und zwar in der gleichen Weise wie heute Reserven (Vollgeld) von einem Regierungskonto bei der Zentralbank auf ein Kundengirokonto bei einer Bank übertragen werden: die betreffende Bank erhält die Reserven und dem Kunden wird eine Gutschrift auf Girokonto ausgestellt. Umgekehrt funktioniert die Übertragung, indem der betreffende Giralgeldbetrag des Kunden als Bank-Verbindlichkeit gelöscht und der Betrag in Reserven vom Zentralbankkonto der zahlenden Bank auf das Zentralbankkonto der Regierung überwiesen wird.
Das Zentralbankgeld für die Geldkonten würde in Umlauf kommen, indem Regierungsstellen oder Banken Zahlungen an Kunden auf Vollgeldkonten der Kunden leisten. Die Regierung würde das Geld in der gleichen Weise wie heute einnehmen, indem sie Zahlungen von bzw über Banken in Reserven erhält. Die Banken selbst würden die Reserven weiterhin von der Zentralbank und anderen Banken erhalten, zusätzlich dann auch durch Überweisungen von den neuen Geldkonten.
Der gleichzeitige Betrieb von Girokonten und Geldkonten parallel nebeneinander und in wechselseitiger Übertragung von Guthaben stellt im Prinzip kein Problem dar. Für die Banken würde sich weder ein Nachteil noch ein zusätzlicher Vorteil ergeben (anders als beim Helikoptergeld, wie im Anhang erläutert, durch das den Banken in großem Umfang Gratis-Reserven zufließen). Zahlungen zwischen Kunden-Geldkonten sind für die Banken neutral. Weder müssten Banken eigene Reserven aufwenden, noch würden sie welche erhalten.
Bei Zahlung von einem Geldkonto auf ein Girokonto erhält die Bank des Empfängers die Reserven und der Empfänger eine gleich hohe Girogutschrift. Über die so erhaltenen Reserven kann eine Bank faktisch jedoch nicht nach Belieben verfügen, weil sie diese Reserven benötigt, um ihrerseits Zahlungen in umgekehrter Richtung auszuführen, wenn Guthaben von Girokonten auf Geldkonten übertragen werden sollen. Im Ergebnis aller laufenden Ein- und Auszahlungen sind größere Überschüsse bzw Defizite unwahrscheinlich; und sollten sie einmal auftreten, können sie durch den Interbanken-Geldmarkt ausgeglichen werden.
Auf diese Weise könnten Geldkonten als Einstieg in einen schrittweisen Übergang vom gegenwärtigen Giralgeldregime zu einem Vollgeldsystem dienen, in Abhängigkeit von den Präferenzen der Geldbenutzer. Je mehr Geldkonten sich verbreiten würden, desto größer wäre die Verschiebung der Zahlungsvolumina von Girokonten zu Geldkonten. Dementsprechend würde der extrem geringe Bruchteil, zu dem Banken sich heute noch refinanzieren müssen, ansteigen.
Dies würde wiederum höhere, obschon unter allen Banken verteilte Finanzierungskosten mit sich bringen. Die tatsächlichen Kosten wären so hoch als würden die Leute wieder vermehrt bar statt per Girokonto bezahlen. Um 1900 hatten die Banken keinerlei Problem mit einem Bargeld-Giralgeld-Verhältnis von etwa 60:40. Warum sollte es dem Bankensektor Probleme bereiten, läge das Vollgeld-Giralgeld-Verhältnis wieder näher bei 50:50?
Zentralbankkonto für alle?
Ein noch einfacherer Ansatz als Geldkonten getrennt von und parallel zu Girokonten ist die Forderung nach einem eigenen individuellen 'Zentralbankkonto für alle' wie zum Beispiel bei Schemmann oder Andresen.[27] Gocht, als ehemaliges Mitglied im Bundesbank-Direktorium, schlug 1975 vor, alle regulären Zahlungen dem damaligen Postgiroamt zu übertragen. Damit sollte das Konten- und Zahlungsmanagement der Banken von ihren Darlehens- und Investmentgeschäften getrennt werden.[28]
Der Vorschlag klingt plausibel, aber die meisten Postgiroämter gibt es nicht mehr. Sie sind von den Geschäftsbanken absorbiert worden, oder litten auch unter dem Image als 'Arme-Leute-Bank', weil ein beträchtlicher Teil ihrer Kunden aus Empfängern von Sozialtransfers bestand. Wie dem auch sei, die Zentralbanken müssten eine betreffende Infrastruktur heute mit großem Aufwand von Grund auf neu aufbauen, oder von einem Systembetreiber aufbauen lassen, während die Banken große Sachkapitalentwertungen zu tragen hätten und einschlägig Beschäftigte entlassen müssten.
Davon einmal abgesehen kann man auch fragen, ob das Massenmanagement von Konten wirklich eine Aufgabe für die nationale Geldbehörde ist. Eine Reihe von Unternehmen, die im Verlauf der Banken- und Schuldenkrise um die Sicherheit ihres Giralgeldes besorgt waren, wollten bei der Zentralbank Konten eröffnen, wurden jedoch abgewiesen, in einigen Fällen auch durch Gerichtsurteil. Die Zentralbanken verstehen sich heute in erster Linie als Bank der Banken (was durchaus kritisch zu sehen ist, denn sie sollten Währungshüter sein, deren Sorge dem Geld gilt, auch ohne sich deshalb gleich um das Wohlergehen der Banken sorgen zu müssen – wie das im bestehenden Giralgeldregime aber zwangsläufig der Fall ist).
Mobiler Gebrauch von Geldkonten
Kontovollgeld kann, wie heute schon Giralgeld, mit verschiedenen Überweisungsverfahren gekoppelt werden, zum Beispiel Kreditkarten, auch sog. Cash Cards oder E-Cash Karten (was dasselbe ist), ebenso mit entsprechenden in Mobiltelephonen implementierten Funktionen (online bezahlen, dabei neuerdings auch berührungslos bezahlen). Die Auslösung eines Bezahlvorgangs durch solche Verfahren führt zur Überweisung von Kontoguthaben, heute Giralgeld von einem Girokonto zu einem anderen. Die Bezeichnung 'cash' oder 'e-cash' ist von daher irreführend, denn auf den Karten oder Handys befindet sich weder Bargeld noch Buchgeld. Stattdessen liefern oder vermitteln diese Datenträger Informationen über das Guthaben auf betreffenden Girokonten, woraufhin das betreffende Konto belastet und der Betrag zu einem Empfängerkonto überwiesen wird. Selbst wenn ein bestimmtes Guthaben geladen wird, kommt dieses nicht auf den Magnetstreifen oder Chip, sondern es wird vom individuellen Girokonto auf ein E-Cash-Sammelkonto bei der Bank übertragen, von wo aus ein Betrag überwiesen wird wenn der Kunden 'zahlt' – richtiger, wenn der Kunde durch den Kartengebrauch eine Giroüberweisung auslöst.
Guthaben auf Vollgeldkonten ließen sich gleich oder ähnlich handhaben. Auf den Karten oder Handys selbst würde sich kein Geld befinden, sondern Informationen über Kontostand und Software zur Auslösung von Überweisungen. Sinngemäß gleiches würde für Kryptovollgeld in digital wallets (digitalen Brieftaschen) gelten. Jedoch, und im fundamentalen Unterschied zum Reserven-vermittelten Giralgeldverkehr, würden die Übertragungen zwischen Geldkonten bzw digitalen Brieftaschen direkt erfolgen, ohne dass Eigenmittel der Zahlungsdiensteleister monetär vermittelnd im Spiel wären.
Die Koexistenz von digitalem Vollgeld und Giralgeld – nicht der Weisheit
letzter Schluss
Manch einer stellt sich die Einführung von Kontovollgeld parallel zum fortbestehenden Giralgeld als einen reibungslosen graduellen Prozess vor, als gemäßigte Variante einer als 'radikal' empfundenen umfassenden Vollgeldreform. In Wirklichkeit ist eine solche Koexistenz nicht unproblematisch. Sie stellt vorerst noch unbeantwortete Fragen und birgt Risiken, die bei einer umfassenden Stichtagreform ausgeschlossen sind.
Ob man sich zum Beispiel von Kontovollgeld wirklich eine bessere Kontrolle der Zentralbanken über das Geld erwarten kann, hängt erst einmal davon ab, wie das Geld in Umlauf gebracht wird. Beide der gegenwärtig im Vordergrund stehenden Ansätze – das britische CBDC-Projekt und das schwedische E-Krona-Projekt – sehen vor, Kontovollgeld über die Banken zur Verfügung zu stellen (ähnlich wie bisher Bargeld).
Im E-Krona-Plan erhalten die Leute digitales Zentralbankgeld im Wechsel gegen Giralgeld. Eine betreffende Bank muss den Geldwechsel vollziehen, soweit Kunden eine Überweisung von Girokonto auf Vollgeldkonto verlangen. Aber es sind in erster Instanz weiterhin die Banken, die durch ihre primäre Kreditausstellung, und damit Giralgelderzeugung, die Geldschöpfung und damit den Geldbestand bestimmen.
Im CBDC-Plan kommt das Vollgeld dadurch in Umlauf, dass die Zentralbank Staatsanleihen ankauft. Der Ankauf erfolgt nicht direkt vom Staat, das wäre monetäre Staatsfinanzierung. Stattdessen sollen die Staatsanleihen von Banken, nicht-monetären Finanzinstituten und anderen Finanzinvestoren angekauft werden – wie beim bisherigen Quantitative Easing. Auch im CBDC-Ansatz beginnt der Vorgang also damit, dass zuerst Banken die Staatsanleihen kaufen und zum Teil an Nichtbanken weiter verkaufen, und sich von der Zentralbank, soweit nötig, refinanzieren lassen.
Gewiss unterscheidet sich der CBDC-Ansatz vom E-Krona-Ansatz dadurch, dass der Erlös aus den Anleiheplazierungen den Finanzministerien auf Zentralbankkonten des Staats zufließt, das heißt, in Reserven, also in Vollgeld. Nur fließen diese Reserven durch laufende Staatsausgaben auf die Girokonten der Empfänger umgehend an die Banken zurück. Soweit die Empfänger von Staatsausgaben Vollgeldkonten hätten, würde das Geld dann freilich dahin fließen. Gleichwohl liegt auch im CBDC-Modell die primäre Kontrolle über die Geldschöpfung zum größeren Teil immer noch bei den Banken.
Ohnehin würden die Banken einer Umschichtung von Girokonten zu Vollgeldkonten nicht tatenlos zusehen. Man kann erwarten, dass Banken Giroguthaben hoch genug verzinsen würden (wie sie in früheren Zeiten ihre privaten Banknoten verzinsten), um einer Massenabwanderung von Guthaben zu Vollgeldkonten vorzubeugen. Außerdem könnten Girokonten kostenlos angeboten werden, während Vollgeldkonten kostendeckend betrieben würden. Bargeld dagegen ist heute nur noch eine Teilalternative zu Giralgeld, denn es ist in größeren Summen unpraktisch zu handhaben, nur für wenige Menschen sicher aufzubewahren, und es wird nicht mehr überall angenommen, obwohl es gesetzliches Zahlungsmittel ist.
Sodann, gleichfalls um einem Run auf Giralgeld vorzubeugen, aber ebenso, um die Kursparität von Vollgeld und Giralgeld aufrecht zu erhalten, müssen Zentralbank und Regierung weiterhin den Bestand des Giralgelds der Banken garantieren. Der ein oder andere Vollgeldbefürworter verlangt, die öffentliche Garantie des privaten Bankengelds zu beenden, gerade auch bei Koexistenz von Giralgeld und Kontovollgeld, um den Übergang von Giralgeld zu Kontovollgeld dadurch zu befördern.[29] Die Forderung hat gewiss etwas für sich, zumal unter ordnungspolitischen Aspekten, denn wieso sind staatliche Zentralbanken und Regierungen so selbstvergessen, um privates Geld zu garantieren und zu subventionieren, anstatt die staatliche Geldhoheit zu gewährleisten?
Wenn es aber keine Staatsgarantie für Giralgeld mehr gibt, entsteht vermutlich eine neue Gresham-Situation. Gresham's Gesetz geht auf das 16. Jahrhundert zurück und besagt, dass 'schlechte Münzen' (ihren Silbergehalt betreffend) 'gute Münzen' aus dem Umlauf verdrängten. Die Leute versuchten, die schlechten Münzen möglichst schnell wieder auszugeben, gute Silber- und Goldmünzen aber für sich zu behalten.
Was die Bestandsicherheit des modernen Geldes angeht, ist Giralgeld das schlechtere Geld im Vergleich zum Zentralbankgeld (= Geld erster Ordnung = gesetzliches Zahlungsmittel = Vollgeld). Folglich könnten die Leute versuchen, sich auf ein Geldkonto bezahlen zu lassen, aber eigene Zahlungen von einem Girokonto vorzunehmen. Zum bezahlen würde vorzugsweise das 'schlechte' Giralgeld der Banken benutzt, zur Werthaltung, womöglich Hortung, das 'gute' Kontovollgeld der Zentralbank.
Wenn jedoch die Banken genügend hohen Habenzins und/oder kostenfreie Girokonten anbieten und der Staat das Giralgeld weiterhin garantiert, bleibt es unter Normalbedingungen unklar, ob ein nennenswerter Wechsel von Giro- zu Vollgeldkonto überhaupt stattfände. Die Sicherheit des Geldes ist nur in Krisenzeiten ein virulentes Thema, während die Leute in normalen Zeiten mehr auf die Kosten des Geldverkehrs achten. Also Folge davon bliebe dann auch die Geldpolitik weiterhin wenig wirksam und die dem Giralgeld inhärente Unsicherheit und finanzielle Instabilität bestünde fort.
Sobald aber Unsicherheit und Krisenstimmung aufkommen, muss dann doch mit einer Flucht aus Giralgeld in Kontovollgeld gerechnet werden. Der Übergang würde dann zu schnell in zu großem Umfang erfolgen. Anders gesagt, es käme zu einem allgemeinen Bankrun und damit zur Destabilisierung der Banken und des Finanzsektors. Bei einem Erdrutsch von Giralgeld zu Vollgeld könnte der Bankensektor kaum genug akzeptable Sicherheiten stellen, um die zusätzlichen Mittel aufzunehmen.
Die Zentralbank müsste erneut Quantitative Easing betreiben, oder gleichsam freihändig Kredit nahe Nulltarif an Banken vergeben – um so einmal mehr die Banken zu retten anstatt dafür zu sorgen, dass es einen sicheren und stabilen Bestand an Vollgeld gibt, das in einer Krise nicht gerettet zu werden braucht.
Das oben referierte CBDC Konzept nach Barrdear/Kumhof von der Bank von England sieht für den Anteil von CBDC eine Obergrenze von 30% des BIP vor. Die Bankrun-Problematik mag dafür ein Grund gewesen sein. Eine andere Möglichkeit wäre, den Gebrauch von Kontovollgeld auf Höchstbeträge zu beschränken, so wie heute in vielen Ländern der Gebrauch von Bargeld gesetzlich auf Höchstbeträge beschränkt worden ist. (Ohne diesbezüglich explizit zu sein, sind die E-Krona im Konzept der Schwedischen Reichsbank anscheinend nur für den alltäglichen Zahlungsverkehr mit nicht allzu großen Summen gedacht).
Aber jede solche Kontingentierung, sobald ihre Grenze angenähert wird, bedroht die 1:1 Parität zwischen Giralgeld und Kontovollgeld und fördert die Entstehung einer neuen Gresham Situation. Bankengeld und Zentralbankgeld könnten beginnen, zu unterschiedlichen Kursen umzulaufen (mit einem Aufpreis bzw Abschlag), dabei das Zentralbankgeld allgemein zum höheren Kurs. Eine solche Situation erinnert an die vormoderne Münzwirtschaft, als Münzen mit gleichem Nennwert zu verschiedener und veränderlicher Kaufkraftparität umliefen. Selbst für gut informierte Kaufleute war es nicht einfach, den Überblick zu behalten. Der Mehraufwand war erheblich. Heute würde man sagen, das Transaktionskosten-Niveau ist in einer solchen Situation viel höher als in einem System gleicher oder zumindest gleichbleibender Parität.
Vor diesem Hintergrund erweist sich die vermeintlich weniger radikale und politisch anschlussfähigere 'Vollgeldreform light' als die kompliziertere und vor allem mit erheblichen Risiken behaftetete Option. Dagegen stellt sich eine umfassende Vollgeldreform per Stichtag als die einfachere und Stabilität versprechende Alternative dar. Gleichwohl, sollte eine umfassende Vollgeldreform aus welchen maledeiten Gründen auch immer nicht in Reichweite liegen, stellt sich die Einführung von Kontovollgeld parallel zu Giralgeld als sinnvolle Option dar, trotz der damit verbundenen Probleme. Die dem bestehenden Giralgeldregime inhärenten Probleme und Risiken bleiben im Vergleich um vieles größer.
Kontovollgeld, vielleicht auch Kryptovollgeld, wäre in jedem Fall ein bedeutender Beitrag zur Modernisierung des Geldwesens und würde sich vielleicht doch als Schrittmacher dafür erweisen, die Rolle des Zentralbankgeldes (Vollgeldes) wieder auszuweiten, damit die heute bestimmende Dominanz des Bankengeldes (Giralgeldes) zurückzuführen, einem Takeoff von einzelnen privaten Digitalwährungen als allgemeinen Zahlungsmitteln vorzubeugen, und die Wirksamkeit konventioneller Instrumente der Basiszins- und Mengen-bezogenen Geldpolitik wieder zu erhöhen. Jedoch ist ein solches Ergebnis alles andere als selbstverständlich.
Anhang I Helikoptergeld (Quantitative Easing for People)
Helikoptergeld ist auch als QE4P (Quantitative Easing for People) und auch als monetäre Staatsfinanzierung bekannt.[30] Die unterschiedlichen Bezeichnungen haben die gleiche Bedeutung, nämlich direkte Finanzierung von Staatsausgaben durch die Zentralbank. Helikoptergeld wird oft als ein erster Schritt einer Geldreform missverstanden. Dem ist schon alleine deshalb nicht so, weil es sich bei Helikoptergeld nicht darum handelt, unbares Zentralbankgeld (Reserven) in den öffentlichen Zahlungsverkehr unter Nichtbanken einzuführen. Stattdessen würde Helikoptergeld zu einer permanenten Verquickung von monetärer und fiskalischer Verantwortung führen.
Das heutige Geldregime ist nicht länger durch Bargeld bestimmt wie das zum Beispiel noch mit den sog. Greenbacks der Fall war, den staatlichen Banknoten der US Regierung im 19. Jahrhundert, die in eisenbeschlagenen Kisten übers Land befördert wurden. Damals war 'Helikoptergeld' eine systemische Alternative, heute nicht mehr. Wenn die Regierung im heutigen Giralgeldregime Geld ausgibt, so fließt dieses von ihrem Zentralbankkonto auf das Zentralbankkonto der Bank der Zahlungsempfänger. Die eigentlichen Empfänger bekommen aber nur eine Girogutschrift, während die Bank das Zentralbankgeld (= Reserven = Vollgeld) für sich behält – und sie dieses Geld somit gratis einnimmt. Die Banken sind so gesehen Trittbrettfahrer in diesem Arrangement. Je umfangreicher Quantitative Easing und speziell auch monetäre Staatsfinanzierung stattfindet, desto weniger müssen sich die Banken überhaupt noch refinanzieren und die Kosten dafür aufbringen. Wenn dann auch noch das traditionale Münz- und Papiergeld ausgeschleust wird, das zwar nicht mehr viel ist, das die Banken aber immer noch zu 100% refinanzieren müssen, wären die Banken von den Zentralbanken im Normalbetrieb so gut wie unabhängig – und das konventionelle geldpolitische Instrumentarium, das im Giralgeldregime ohnedies nur noch schwach wirksam ist, wäre vollends wirkungslos.
Helikoptergeld könnte in gewissem Umfang durchaus als Maßnahme wirtschaftspolitischer Stimulierung nützlich sein, vor allem dort wo gesamtwirtschaftlich ein ausgeprägter Mangel an effektiver Nachfrage besteht. Aber um einen ersten Schritt zu einer Vollgeldreform handelt es sich nicht, weil dadurch keine Vollgeld-Zirkulation im öffentlichen Geldverkehr begründet wird und der gesplittete Geldkreislauf (Interbankenkreislauf mit Reserven einerseits und Publikums- oder Nichtbankenkreislauf mit Giralgeld andererseits) völlig unverändert bestehen bleibt. Davon abgesehen ist die Zulässigkeit von direktem Helikoptergeld nach geltendem EU-Recht strittig (Art. 123 (1) Lissabonvertrag). Das stellt eine Hürde dar, für deren Ausräumung sich wohl kaum jener politische Wille mobilisieren lässt, der zur Ignorierung der (in der Tat fragwürdigen) Maastricht-Kriterien geführt hat sowie zur handstreichartigen faktischen Außerkraftsetzung des No-Bailout-Gebots nach Art 125 (1) Lissabonvertrag in der akuten Phase der Euro-Staatsschuldenkrise.
Anhang II Sicheres Giralgeld durch eine freiwillige 100%-Reserve
Im Zuge der Bankenkrise 2008–12 machten sich viele Firmen und Haushalte zunehmend Sorgen um ihr Giralgeld. Das brachte manchen auf die Idee, Bankeinlagen auf freiwilliger Basis durch eine 100%-Reservendeckung zu schützen.[31] Gut abgesichertes Giralgeld wäre damit gewährleistet. Dennoch ist die erfolgreiche Umsetzung der Idee und die Entstehung eines diesbezüglichen 100%-Reservekreislaufs ziemlich unwahrscheinlich.
Dafür gibt es eine Reihe von Gründen, angefangen bei dem Sachverhalt, dass eine 100%-Reserve anstelle der jetzigen 1% Mindestreserve, ein recht teurer Spaß wäre. Eine Bank, die hier Vorreiter sein wollte, müsste erhebliche Nachteile im Kostenwettbewerb hinnehmen. Am Ende hätten die betreffenden Kunden die nicht unerheblichen Extrakosten zu tragen. Dazu sind die meisten Bankkunden wohl kaum bereit. Von daher erscheint die Idee auf einen 'sicheren Hafen' nur für Vermögende hinaus zu laufen.
Darüber hinaus wäre es in einem gemischten Setting von freiwilliger 100%-Reserve und ansonsten weiterbestehendem fraktionalem Reservebanking praktisch ausgeschlossen, sicherzustellen, dass die Reserven, die mit einer Bezahlung übertragen werden, dem Giroguthaben des Empfängers fest zugeordnet bleiben, umso mehr unter den gegebenen Buchungs- und Bilanzierungsbedingungen der Nicht-Trennung von Kundenmitteln und Eigenmitteln einer Bank.[32]
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Endnoten
[1] Vgl. Wortmann 2017a+b, Yamaguchi/Yamaguchi 2016, Dyson/Hodgson 2016, Huber 2017 188–190, Huber 2014 #ecash.
[2] Striner 2015 47.
[3] Die staatliche Geldhoheit besteht in den drei monetären Prärogativen, (1) die Währung eines Landes zu bestimmen, die offizielle monetäre Recheneinheit in Form von Dollar, Euro o.a., (2) das Geld in dieser Währung zu schöpfen und in Umlauf zu bringen, und (3) den damit verbundenen Geldschöpfungsgewinn, die Seigniorage, zugunsten der Staatskasse einzunehmen.
[4] Eigene Ermittlung aufgrund von Zeitreihen der Bundesbank, der Bank von England und des National Office of Statistics, des US Treasury, der Federal Reserve und der Schweizerischen Nationalbank.
[5] Die genannten Zahlen ergeben sich aus den Zentralbankstatistiken bis 2007/08. Seither sind die entsprechenden Zahlen durch die Politik der quantitativen Lockerung stark aufgebläht und nicht mehr direkt aussagekräftig.
[6] Die Mindestreserven sind im Eurosystem nur marginal als temporäre Zahlungsreserven mobilisierbar, liegen ansonsten aber brach als Relikt einer Geldpolitik auf der Grundlage längst nicht mehr realitätsgerechter Multiplikatormodelle. Diese Modelle unterstellen die Steuerbarkeit der Kreditausstellung und damit Giralgeldschöpfung der Banken durch eine vor-gegebene Mengenbasis an Zentralbankgeld bzw Zentralbankzinsen darauf. Im wirklichen Geschehen jedoch erfolgt die Giralgeldschöpfung pro-aktiv, die Refinanzierung in Zentralbankgeld re-aktiv und nur zum geringen Bruchteil. Letzteres ist möglich aufgrund der ungleich und ungleichzeitig verteilten Nutzung des Geldes im Publikumsverkehr sowie des Sachverhalts, dass die Zirkulationsgeschwindigkeit der Reserven (ihre Nutzungshäufigkeit) im Interbankenverkehr viele Male höher liegt als die Nutzung des Giralgelds im Publikumsverkehr (Huber 2017 57ff., 2017b).
[7] Buiter 2009, Rogoff 2014. Larry Summers beim IWF Wirtschaftsforum am 8 Nov 2013, Rede auf www.youtube.com/watch?v=KYpVzBbQIX0. Zur Kritik der zunehmenden Einschränkung und tendenziellen Abschaffung des Bargelds siehe Häring 2016.
Negativzinsen werden meist in etwas aseptischer Technokratensprache abgehandelt. Das überspielt die Perfidie dieses Instruments, das Ausgaben erzwingen soll, aber reaktiv das Gegenteil bewirkt und dabei einer schleichenden Vernichtung von Geldkapital gleichkommt, also faktisch einer Enteignung der Geldbesitzer zugunsten der Banken. Negativzinsen als 'Gebühren' auszugeben, ist eine weitere mutwillige Konfusion der Dinge.
[8] Hilton 2004 176–182, Baba/McCauley/Ramaswamy 2009 65–81, Mai 2015.
[9] Laufend aktualisierte Zahlen mit Marktkapitalisierung auf https://coinmarketcap.com/all/ views/all.
[10] Abigail Morris, CEO reveals why Ripple will take over from leading cryptocurrencies, Express, 6 Jan 2018, https://www.express.co.uk/finance/city/900854/Ripple-price-Bitcoin-cryptocurrency-xrp-Brad-Garlinghouse.
[11] See Ali/Barrdear/Clews/Southgate 2014a+b, Higgins 2015, Danezis/Meiklejohn 2016, ebenso Broadbent 2016, Barrdear/Kumhof 2016.
[12] Fedwire ist das Interbanken-Zahlungssystem der US Zentralbank Federal Reserve, in dem mit Reserven bezahlt wird. Andolfatto 2015.
[13] BIS 2015, Bech/Garratt 2017, Sveriges Riksbank 2017. Vgl. auch Kumar/Smith 2017
[14] Peter Levring at Bloomberg, 11 Dec 2016, www.bloomberg.com/news/articles/2016-12-11/blockchain-lures-central-banks-as-danes-consider-minting-e-krone.
[15] Uruguay launches digital currency pilot, Central Banking Newsdesk, 6 Nov 2017, https://www. centralbanking.com/central-banks/financial-stability/fmi.
[16] Distributed ledger wird auf Deutsch häufig als 'dezentrales' Grundbuch oder Journal dargestellt. 'Dezentral' trifft die Sache jedoch nicht wirklich. Eher handelt es sich um ein laufend synchronisiertes Journal mit Ablage in einer Blockchain, von denen sich bei allen involvierten Zahler- und Empfängeradressen eine vollständige Kopie befindet. Ob das schon der Weisheit letzter Schluss ist?
[17] Japan, möglicherweise auch Indien. Individuelle Aussagen einiger EZB-Mitglieder gehen ebenfalls in diese Richtung.
[18] Danezis/Meiklejohn 2016. Auch Bahn- und Flug-, Telekommunikations- und Internetkonzerne verfügen über vergleichbare oder noch größere bzw schnellere Verabrbeitungskapazitäten.
[19] Simonite 2016, Zitter 2016, Danezis/Meiklejohn 2016.
[20] Barrdear/Kumhof 2016.
[21] Quantitative Easing = Monetisierung von Schulden in Form des Ankaufs von Staatsanleihen und ggf anderen Wertpapieren, um so die bisherigen Halter der Wertpapiere mit frischem Geld zu versorgen. Monetisierung = neues Geld schöpfen gegen Kauf oder Hinterlegung von 'Sicherheiten', sprich Schuldenpapieren.
[22] Barrdear and Kumhof 2016 3–18.
[23] Frühe Banknoten des späten 17. bis ins frühe 19. Jahrhundert waren ebenfalls zinstragend. Das waren jedoch private Banknoten, deren Akzeptanz und Parität gegenüber Silbergeld zu erreichen war. Weshalb dagegen das 'high-powered money' der Zentralbank verzinst werden müsse, um gegen Giralgeld wettbewerbsfähig zu sein, ist erst einmal nicht einzusehen.
[24] Ich habe Vollgeldkonten getrennt von den Eigenmitteln einer Bank und gemanagt außerhalb der Bankbilanz, zuerst in Verbindung mit Ansätzen einer monetären Finanzierung von Staatsausgaben vorgeschlagen, mit dem Argument, dass solche Ansätze erst dadurch eine wirkliche geldreformerische Relevanz bekommen (Huber 2014 #offbalance). Die gleiche Funktion erfüllt natürlich auch die Einführung von digitalem Zentralbankgeld.
[25] Insb. Niepelt 2015, 2016; oder Eichengreen 2017.
[26] Sveriges Riksbank 2017.
[27] Schemmann 2012, Andresen 2014.
[28] Gocht 1975 S. 81ff.
[29] Wortmann 2017a+b.
[30] See www.qe4people.eu; Turner 2016 pp.218.
[31] Mayer 2013a+b, Gudehus 2015.
[32] Bezüglich der Mängel und Kostennachteile einer 100%-Reservehaltung vgl. www.sovereignmoney.eu/100-per-cent-reserve-chicago-plan.
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Inhalt
Einführung
Entwicklungen welche die staatliche Geldhoheit bedrohen und die Zentralbanken in Zugzwang bringen
Digitales Vollgeld der Zentralbank
Kontovollgeld
... als alternative Option zu Girokonten
... als Zentralbankkonto für alle?
... in mobiler Nutzung
Koexistenz von digitalem Vollgeld und Giralgeld - nicht der Weisheit letzter Schluss
Anhang I - Helikoptergeld
Anhang II - Sicheres Giralgeld durch freiwillige 100%-Reserve
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